Abfindungsanspruch des aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Ausgeschiedenen

Leitsatzentscheidung des BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az.: II ZR 74/14

Der Abfindungsanspruch des aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Ausgeschiedenen richtet sich umfassend gegen die Gesellschaft. Für einen von dem Abfindungsanspruch zu trennenden Ausgleichsanspruch gegen die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter ist kein Raum.

Der Kläger war Gesellschafter einer in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Anwaltssozietät. Er schied durch ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2011 aus der Gesellschaft aus, die gemäß § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags von den beiden verbliebenen Gesellschaftern F. und K. fortgesetzt wird. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelung zur Abfindung eines durch Kündigung ausgeschiedenen Gesellschafters.

Der Kläger machte nach einvernehmlicher Aufteilung des Inventars und der Mandate unter anderem geltend, dass noch die Kapitalkonten der Gesellschafter auszugleichen seien, was insbesondere deshalb erforderlich sei, weil der Gesellschafter K. in der Vergangenheit übermäßig hohe Beträge entnommen habe. Mit der von ihm erhobenen Stufenklage begehrte der Kläger die Errechnung und Auszahlung seiner (weitergehenden) Abfindung, wobei er die Erstellung einer Abfindungsbilanz in erster Linie unter Aussparung des bereits aufgeteilten Mandantenstamms und Inventars beanspruchte, hilfsweise unter umfassender Berücksichtigung der gesellschaftlichen Vermögenswerte.

Wesentliche Feststellungen des BGH:

Das dem ausgeschiedenen Gesellschafter als Abfindung zustehende Auseinandersetzungsguthaben ist zwar auf der Grundlage des anteiligen Unternehmenswerts zu berechnen, die Abrechnung ist aber nicht auf die Erfassung des anteiligen Unternehmenswerts beschränkt. Vielmehr sind, sofern vorhanden, auch sonstige, nicht unternehmenswertbezogene gegenseitige Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis in die Berechnung einzustellen (…); dabei ist auch ein möglicher Anspruch auf Rückerstattung von Einlagen nach § 733 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Im Übrigen können zu dem Vermögen der Gesellschaft, das der Berechnung des Abfindungsanspruchs zugrunde zu legen ist, auch Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Mitgesellschafter auf Rückzahlung unberechtigter Entnahmen gehören.

Dem Ausgeschiedenen steht zur Ermittlung seines Abfindungsanspruchs ein Anspruch auf Aufstellung der Abfindungsbilanz zu, der sich – jedenfalls auch – gegen die Gesellschaft richtet (…). Er kann mit dem noch zu beziffernden Zahlungsanspruch in einer Stufenklage verbunden werden (…).