
Automatische Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen beim Fernwärmeversorgungsvertrag?
Der Bundesgerichtshof hatte aktuell zu entscheiden, ob allgemeine Versorgungsbedingungen bei einem durch schlüssiges Verhalten abgeschlossenen Fernwärmeversorgungsvertrag automatisch einbezogen werden.
Der konkrete Fall:
Die beklagte GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks. Nachdem ihr Mieter auszog und seinen Fernwärmeversorgungsvertrag mit der Klägerin wirksam gekündigt hatte, entnahm die Beklagte selbst die von der Klägerin bereitgestellte Fernwärme. Daraufhin wurde die Beklagte von der Klägerin mit einer Vertragsbestätigung als neue Kundin begrüßt. Ihr wurde mitgeteilt, dass nunmehr ein Vertrag nach § 2 der AVBFernwärmeV mit der Klägerin zustande gekommen sei. Die Beklagte erhielt außerdem den Entwurf eines Versorgungsvertrages. Dieser beinhaltete eine dreijährige Vertragslaufzeit sowie dessen Verlängerung um je ein Jahr, wenn der Vertrag nicht mit einer Frist von neun Monaten gekündigt würde.
Die Beklagte unterschrieb diesen Vertrag jedoch nicht. Stattdessen kündigte sie kurze Zeit später den Vertrag “mit sofortiger Wirkung”. Die Klägerin war damit nicht einverstanden, weil in ihren Ergänzenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen eine Mindestlaufzeit von einem Jahr und eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vor Ablauf der jeweiligen Vertragszeit für den Kunden vorgesehen sind. Daher bestand sie auf die Zahlung der Grundgebühr für den von ihr errechneten weiteren Zeitraum und klagte dementsprechend auf Zahlung.
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Beklagte weder an die in den Ergänzenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Klägerin vorgesehene Mindestlaufzeit sowie die Kündigungsfrist von sechs Monaten noch an die in § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV geregelte neunmonatige Kündigungsfrist gebunden ist.
Die Ergänzenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Klägerin sind nicht Vertragsinhalt geworden, da es keine Einbeziehungsvereinbarung gibt. Es reicht hierfür auch keine “Branchenüblichkeit” derartiger Bedingungen aus. Auch aus § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 3 AVBFernwärmeV ergibt sich nicht, dass diese “automatisch” Vertragsbestandteil werden.
Daher war die Kündigung der Beklagten wirksam.
Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)
§ 1 Gegenstand der Verordnung
(1) Soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (allgemeine Versorgungsbedingungen), gelten die §§ 2 bis 34. Diese sind, soweit Absatz 3 und § 35 nichts anderes vorsehen, Bestandteil des Versorgungsvertrages.
§ 2 Vertragsabschluss
(1) Der Vertrag soll schriftlich abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat das Fernwärmeversorgungsunternehmen den Vertragsabschluss dem Kunden unverzüglich schriftlich zu bestätigen. (…).
(2) Kommt der Vertrag dadurch zustande, dass Fernwärme aus dem Verteilungsnetz des Fernwärmeversorgungsunternehmens entnommen wird, so ist der Kunde verpflichtet, dies dem Unternehmen unverzüglich mitzuteilen. Die Versorgung erfolgt zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen. (…)
§ 32 Laufzeit des Versorgungsvertrages, Kündigung
(1) Die Laufzeit von Versorgungsverträgen beträgt höchstens zehn Jahre. Wird der Vertrag nicht von einer der beiden Seiten mit einer Frist von neun Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt, so gilt eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre als stillschweigend vereinbart.(…)
BGH Urteil vom 15. Januar 2014 – VIII ZR 111/13