
Ausschlussfristen für Mindestentgelt in AGB sind unwirksam
14.09.16 - Rechtsanwältin Susan WittigEine vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG. Pressemitteilung zu BAG, Urteil vom 24.08.2016 – 5 AZR 703/15 Praxishinweis: Im Hinblick auf den Mindestlohnanspruch gilt allgemein, dass dieser nicht von einer Ausschlussfrist erfasst ist (§ 9 S. 3 AEntG, § 3 S. 1 MiLoG). Für Mindestentgelte, die auf Basis des AEntG festgelegt sind, hat das BAG nunmehr entschieden, dass Ausschlussfristen insgesamt unwirksam sind, wenn sie den Mindestentgeltanspruch nicht vom Geltungsbereich der Ausschlussfrist ausnehmen. Für allgemeine Mindestlohnansprüche nach dem MiLoG ist dies streitig. Für die Vertragsgestaltung ist zu empfehlen, Ansprüche auf Mindestentgelte vom Geltungsbereich von Ausschlussfristen auszunehmen. Damit wird dem Risiko der Intransparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) vorgebeugt, die die Wirksamkeit von Ausschlussfristen insgesamt gefährdet.
Wann gibt es “Geld zurück” nach einer Fortbildung?
15.08.16 - Rechtsanwalt Thomas FickDas BAG verlangt für eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung eine genaue Kostentransparenz .Vor Beginn der Weiterbildungsmaßnahme müssen die wirtschaftlichen Vorteile und die genaue wirtschaftliche Belastung des Arbeitnehmers bei vorzeitigem Ausscheiden exakt bekannt sein. Es gibt keine geltungserhaltende Reduktion der zu unbestimmten Klausel. BAG vom 23.01.07 9 AZR 482/06
Schadenersatz und Videoüberwachung
13.07.16 - Rechtsanwalt Thomas FickEin Abeitnehmer verlangte von seinem Arbeitgeber die Zahlung von 750 Euro Schadenerstz wegen einer Videoüberwachung .Das Landesarbeitsgericht wies die Klage wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten ab.Der Arbeitgeber wies im Verfahren nach, daß es in der Produktion zwei Sabotagefälle gegeben hatte, bei denen Fremdkörper in der Gewürzmischung auftauchten.Ferner konnte der Arbeitgeber nachweisen, das die Videoüberwachung nur für knapp 2 Monate betrieben wurde und nur die Produktionsräume betraf.Damit hielt das Gericht die Videoüberwachung für gerechtfertigt und verhältnismäßig. Fazit: Es kommt immer auf die konkteten Umstände des Einzelfalls an. LArbG Sachsen-Anhalt vom 10.11.15 6 Sa 301/14
Mindestlohnerhöhung ab 01.01.2017
5.07.16 - Rechtsanwältin Susan WittigDie Mindestlohnkommission hat am 28. Juni 2016 beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn ab dem 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde festzusetzen. Damit erhöht sich der Mindestlohn um 0,34 Euro.
Grundsatzurteil des BAG zum Mindestlohn: Urlaubs- und Weihnachtsgeld anrechenbar. Aber: Auf die vertragliche Ausgestaltung kommt es an!
26.05.16 - Rechtsanwältin Susan WittigSonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen, wenn der Arbeitgeber sie über das ganze Jahr verteilt und vorbehaltlos und unwiderruflich monatlich jeweils ein Zwölftel zahlt. So das Bundesarbeitsgericht in seiner gestrigen Entscheidung vom 25.05.2016, Az.: 5 AZR 135/16. Die Anrechnung von Leistungen des Arbeitgebers in Form von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Prämien und Zulagen ist eine der elementarsten Fragen seit der Umsetzung des seit 1. Januar 2015 geltenden Mindestlohngesetzes. Danach können Zahlungen, die zumindest auch eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung sind, zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Nicht anrechnungsfähig sollen Entgeltbestandteile sein, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt (Sonderleistungen für erbrachte oder zukünftige Betriebstreue) oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (z.B. bei Nachtarbeit) beruhen. Letztlich kommt es maßgeblich auf die vertragliche Formulierung und Ausgestaltung an.
Dauernachtschicht 30% Zuschlag?
9.05.16 - Rechtsanwalt Thomas FickBislang hielt die Rechtsprechung einen Zuschlag von 25% bzw. die Gewährung freier bezahlter Tage für einen angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit gemäß §6 Abs.5 ArbZG.Erfolgt die Tätigkeit aber ausschließlich als Dauernachtschicht so ist wegen der besonderen Belastung auch ein Zuschlag von 30% gerechtfertigt.Die trifft aber nicht zu, bei lediglich nächtlichem Bereitschaftsdienst oder wenn nur teilweise volle Arbeitsleistung in den Nachtstunden erbracht wird. Fazit: Man sollte genau auf den Einzelfall schauen. BAG vom 09.12.2015 10 AZR 423/14
Wann beginnt der Sonderkündigungsschutz bei 30% Schwerbehinderung und Gleichstellungsantrag?
20.04.16 - Rechtsanwalt Thomas FickLiegt ein Anerkennungsbescheid der Bundesagentur vor Ausspruch der Kündigung vor, ist eine ohne Zustimmung des Integrationsamt eingeholte Kündigung unwirksam. Hat der Arbeitnehmer lediglich einen Antrag auf Gleichstellung gestellt, kommt es darauf an, wann der Antrag gestellt wurde. Der Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung bedarf es wegen § 90 Abs.2aSGB IX nicht, wenn der Gleichstellungsantrag weniger als 3 Wochen vor Zugang der Kündigung gestellt wurde. Fazit: Die Regelung schützt den Arbeitgeber, wenn der Antrag erst im Zusammenhang mit dem Zugang der Kündigung gestellt wird. BAG 01.07.2007 NZA 2008, 302
Exzessive Privatnutzung des Internets am Arbeitsplatz und Kündigung
13.04.16 - Rechtsanwalt Thomas FickMit einer aktuellen Entscheidung sorgte jetzt das LAG Berlin-Brandenburg für Aufsehen. Der Arbeitgeber wollte den Arbeitnehmer überführen wegen dessen intensiven Privatnutzung der Internetes. Zur Feststellung des Kündigungssachverhaltes wertete der Arbeitgeber den Browserverlauf aus, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers. Das LAG sah hierin kein Beweisverwertungsverbot. Die Revision zum BAG wurde aber zugelassen. LAG Berlin-Brandenburg vom 14.01.16, 5 Sa 657/15
“Deutsch als Muttersprache” in Stellenausschreibung diskriminierend?
7.12.15 - Rechtsanwalt Thomas FickEin aus Russland stammender Mann bewarb sich um eine befristete Stelle als Bürohilfe. Er verfügt über sehr gute Deutschkenntnisse und gab unter Fremdsprachen an, dass er fließend Deutsch spreche. Er erhielt keine Ablehnung, wurde nicht eingestellt und erfuhr später, dass ein anderer Bewerber angenommen wurde. Er sah in der Nichtberücksichtigung eine Diskriminierung wegen seiner ethnischen Herkunft und klagte auf eine Entschädigung. Das ArbG Frankfurt wies die Klage ab. Das Hess.Landesarbeitsgericht sprach dem Bewerber 2 Monatsgehälter als Entschädigung zu. Hess. Landesarbeitsgericht vom 15.06.2015 16 Sa 1619/14 Anmerkung: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Detektiv überwacht kranke Sekretärin – ist das erlaubt?
19.02.15 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseEine Sekretärin aus Münster hatte nacheinander mehrere Krankschreibungen vorgelegt. Ihr Chef ließ sie von einem Detektiv vier Tage lang observieren. Der Detektiv fotografierte und filmte die Sekretärin unbemerkt. Sie klagte daraufhin wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechtes und forderte von ihrem Chef Schmerzensgeld, weil sie sich nach dem Vorfall in psychologische Behandlung begeben musste. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte fest, dass die Observation rechtswidrig war und die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung hat. Diese beträgt 1.000,00 EUR. Mit dieser aktuellen Entscheidung hat das BAG die Überwachung von Mitarbeitern erschwert. Lediglich bei einem auf Tatsachen beruhenden, konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung dürfen Arbeitgeber Detektive zur Kontrolle von Beschäftigten einsetzen. Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 19.02.2015, Az. 8 AZR 1007/13