
Wenn Nachbarschaftshilfe teuer wird …
22.05.14 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseAm 2. April 2014 hatte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz über die schweren Folgen einer missglückten Nachbarschaftshilfe zu entscheiden. Auf die Bitte der Vermieterin hin hatte ein Nachbar, der mit Elektroarbeiten erfahren war, eine Außenbeleuchtung samt Verkabelung installiert. Diese Arbeiten führte er unentgeltlich aus. Bei seinen Messungen nach der erfolgten Montage bemerkte der Nachbar nicht, dass das Gehäuse der Lampe Strom führte. Grund dafür war, dass ein im Hausinneren eingeschlagener Nagel den Schutzleiter des Lampenkabels durchtrennt und so eine stromführende Verbindung zum Lampengehäuse hergestellt hatte. Bei der späteren Durchführung von Fassadenarbeiten durch eine Fachfirma, stieß ein auf dem Metallgerüst stehender Arbeiter versehentlich gegen die Außenlampe und erlitt einen Stromschlag. Der Arbeiter trug einen schweren Hirnschaden davon, ist zu 100 % behindert und pflegebedürftig. Er verklagte die Vermieterin als Auftraggeberin der Fassadenarbeiten und den Nachbarn, der die Lampe installiert hatte, auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Das OLG Koblenz stellte im Rahmen des Berufungsverfahrens fest, dass der Nachbarschaftshelfer ersatzpflichtig ist. Er kann nicht davon ausgehen, dass er aufgrund der Unentgeltlichkeit seiner Arbeit von der Haftung befreit ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. OLG...
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Kleinkind durch umgefallenen Warenständer verletzt – muss das Modehaus zahlen?
20.05.14 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDas Oberlandesgericht (OLG) Hamm sagt: Ja! Das Modegeschäft hat seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, denn es hat seine Auslagen auf einem Warenständer präsentiert, der von einem vierjährigen Kleinkind mit geringem Kraftaufwand gekippt werden konnte. Damit bestand die Gefahr erheblicher Verletzungen. Im Juni 2012 kauften die Eltern mit der seinerzeit vierjährigen Klägerin im beklagten Modegeschäft ein. Die Klägerin spielte zunächst, ging dann jedoch von ihren Eltern unbeobachtet zu einem Warenständer mit Gürteln. Die Klägerin zog an einem Gürtel und brachte so den Ständer zum Kippen. Der Ständer fiel auf die Klägerin und fügte ihr schwere Augenverletzungen zu, die möglicherweise eine dauerhafte Schädigung des Auges zur Folge haben. Das OLG Hamm verurteilte am 06.03.2014 das Modehaus zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das beklagte Modegeschäft hat seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem es Gürtel auf einem Warenständer anbot, der bei einer geringen Zugbelastung von nur 800 Gramm – die auch ein Kleinkind ausüben kann – zum Umstürzen gebracht werden konnte und ein erhebliches Verletzungsrisiko birgt. Diese Gefahrenquelle hätte das beklagte Modehaus beseitigen müssen. OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2014, Az. 6 U 186/13 Die Pressemitteilung des OLG...
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Vergiß es, Google!
18.05.14 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseAm 13.05.2014 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Suchmaschinenbetreiber – in diesem konkreten Fall Google – unter bestimmten Umständen Suchergebnisse mit Links zu unerwünschten Inhalten mit personenbezogenen Daten löschen müssen. Ein Spanier hatte geklagt, weil man nach der Eingabe seines Namens bei Google zu Artikeln einer Tageszeitung aus dem Jahr 1998 gelangte. Dort war ersichtlich, dass sein Grundstück aufgrund erheblicher Schulden bei der Sozialversicherung zur Zwangsversteigerung stand. Diese Informationen wollte der Kläger löschen lassen. Durch das sog. „Google-Urteil“ sind Suchmaschinenbetreiber nun verpflichtet, etwaige unerwünschte Daten über die eigene Person aus den Suchergebnissen zu löschen. Man beachte: die Löschung erfolgt lediglich aus den Suchergebnissen. Die Webseite, auf der sich diese Informationen befinden, ist nicht betroffen. Auch alle Links von anderen Internetseiten, die zu den Informationen führen, bleiben bestehen. Nicht geklärt ist bislang, unter welchen Bedingungen die Suchergebnisse überhaupt zu bereinigen sind. Hierzu wird es wohl weitere gerichtliche Entscheidungen geben müssen. Die Pressemitteilung des EuGH können Sie hier nachlesen: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-05/cp140070de.pdf
Reiserücktrittsversicherung per Kreditkarte – Vorsicht bei Wahl der Zahlungsart
27.02.14 - Rechtsanwalt Alexander HeinzSofern man die Reiserücktrittsversicherung seiner Kreditkarte in Anspruch nehmen möchte, ist es erforderlich, dass der gesamte Reisepreis über diese Karte bezahlt wird, so das Amtsgericht München. Vorliegend hatte der Kläger die Anzahlung des Reisepreises in Höhe von 1.509,00 EUR überwiesen und den verbleibenden Reisepreis von 5.004,00 EUR über die Kreditkarte bezahlt. Aufgrund der konkreten Bedingungen ist diese Vorgehensweise nicht ausreichend, um den Versicherungsschutz zu aktivieren. Nach Auffassung des Gerichts seien die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen hinreichend klar formuliert; weder überraschend, noch unangemessen benachteiligend und damit wirksam. Die Entscheidung ist zwar nachvollziehbar, unserer Auffassung nach jedoch falsch, weil die streitgegenständliche AGB unklar ist. Wir gehen davon aus, dass andere Gerichte sich der Auffassung des Amtsgerichts nicht anschließen. Amtsgericht München, Urteil vom 14.08.2013, – 242 C 14853/13 –
Automatische Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen beim Fernwärmeversorgungsvertrag?
13.02.14 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Bundesgerichtshof hatte aktuell zu entscheiden, ob allgemeine Versorgungsbedingungen bei einem durch schlüssiges Verhalten abgeschlossenen Fernwärmeversorgungsvertrag automatisch einbezogen werden. Der konkrete Fall: Die beklagte GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks. Nachdem ihr Mieter auszog und seinen Fernwärmeversorgungsvertrag mit der Klägerin wirksam gekündigt hatte, entnahm die Beklagte selbst die von der Klägerin bereitgestellte Fernwärme. Daraufhin wurde die Beklagte von der Klägerin mit einer Vertragsbestätigung als neue Kundin begrüßt. Ihr wurde mitgeteilt, dass nunmehr ein Vertrag nach § 2 der AVBFernwärmeV mit der Klägerin zustande gekommen sei. Die Beklagte erhielt außerdem den Entwurf eines Versorgungsvertrages. Dieser beinhaltete eine dreijährige Vertragslaufzeit sowie dessen Verlängerung um je ein Jahr, wenn der Vertrag nicht mit einer Frist von neun Monaten gekündigt würde. Die Beklagte unterschrieb diesen Vertrag jedoch nicht. Stattdessen kündigte sie kurze Zeit später den Vertrag “mit sofortiger Wirkung”. Die Klägerin war damit nicht einverstanden, weil in ihren Ergänzenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen eine Mindestlaufzeit von einem Jahr und eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vor Ablauf der jeweiligen Vertragszeit für den Kunden vorgesehen sind. Daher bestand sie auf die Zahlung der Grundgebühr für den von ihr errechneten...
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“An die Bewohner des Hauses” Unzulässigkeit teiladressierter Postwurfsendungen
10.02.14 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDas OLG München hat in seinem Urteil vom 05.12.2012 entschieden, dass einem Verbraucher auch keine teiladressierten Postwurfsendungen (“An die Bewohner des Hauses”) mehr zugesandt werden dürfen, wenn er von einem Unternehmen keinerlei Werbung wünscht. Das OLG München führte in seiner Entscheidung dazu aus, dass es nicht zusätzlich notwendig sei, dass der Empfänger seinen Briefkasten mit einem entsprechenden Aufkleber wie “Werbung nein danke” versieht. Eine Mitteilung an das Unternehmen reicht aus, um persönlich adressierte wie auch teiladressierte Werbeschreiben zu unterbinden. Anderenfalls liegt ein Verstoß des Unternehmens gegen § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG vor. Oberlandesgericht München, Urteil vom 05.12.2013 – 29 U 2881/13
Schufa: Berechnungsformel bleibt geheim!
9.02.14 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseNach dem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) muss die Schufa Verbrauchern keine umfassende Auskunft zur Berechnung ihrer Kreditwürdigkeit geben. Die Klägerin hatte erfahren wollen, wie die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit zustande kam, nachdem sie keine Finanzierung für einen geplanten Autokauf bekommen hatte. Die Schufa hat auf ihre Anfrage hin nur eine allgemeine Auskunft zur Einschätzung der Kreditwürdigkeit abgegeben. Die Klägerin war jedoch der Meinung, dass die Berechnungsformel der Schufa für deren Scoring transparent sein und ihr auch bekannt gegeben werden müsse. Der BGH stellte nun ausdrücklich fest, dass ein Auskunftsanspruch nur hinsichtlich der über die jeweilige Person gespeicherten Daten, nicht jedoch hinsichtlich der genauen Scoreformel besteht. BGH-Urteil vom 28.01.2014, Aktenzeichen: VI ZR 156/13 Hier können Sie die Pressemitteilung des BGH zur Entscheidung nachlesen: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=ad45fc2ffa7df7de0741f52872fd5d06&anz=1&pos=0&nr=66583&linked=pm&Blank=1
Kindergeld auch für verheiratete Kinder
24.01.14 - Rechtsanwältin Petra RostMit seinem Urteil vom 17.10.2013 (III R 22/13) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch für ein volljähriges Kind noch ein Anspruch auf Kindergeld bestehen kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der BFH war in langjährige Rechtsprechung bislang davon ausgegangen, das der Anspruch auf Kindergeld für das volljährige Kind mit dessen Eheschließung erlosch. Dies beruhte auf der Annahme des ungeschriebenen Erfordernisses einer “typische Unterhaltssituation”, die infolge der Heirat wegfalle, da der Ehegatte nunmehr vorrangig unterhaltspflichtig ist. Ausnahmen bestanden nur im Mangelfall, wenn das Einkommen nicht ausreichte, wie beispielsweise in der Stundentenehe. Nunmehr hat der BFH seine Rechtsprechung geändert. Bereits seit seiner Entscheidung vom 17.06.2010 – III R 34/09 hat er das Erfordernis der “typischen Umterhaltssituation” aufgegeben. Seit der Gesetzesänderung zum Januar 2012 ist auch die Eigeneinkommensgrenze des Kindes von zuletzt 8004 EUR jährlich nicht mehr maßgeblich, womit auch der Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen ist. Nunmehr können die Eltern seit Januar 2012 auch dann Kindergeld beanspruchen, wenn ihr Kind beispielsweise mit einem gut verdienenden Partner verheiratet ist, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes erfüllt sind.
Freie Rechtsanwaltswahl für Rechtsschutzversicherte bestätigt
25.12.13 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ausdrücklich das Recht auf eine freie Anwaltswahl und auf Erstattung der entsprechenden Rechtsberatungskosten für Rechtsschutzversicherte bestätigt. Dies ist nicht von einer Entscheidung der Rechtschutzversicherung, ob der Fall von einem externen Rechtsvertreter oder von einem eigenen Mitarbeiter bearbeitet werden soll, abhängig. So entschied der EuGH am 07.11.2013 im Verfahren C-422/12 („Sneller gegen DAS“). In diesem Fall hatte die Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme für einen vom Kläger ausgewählten Anwalt abgelehnt. Die Rechtsschutzversicherung vertrat die Meinung, dass dieser Fall ebenso von einem hauseigenen Mitarbeiter hätte bearbeitet werden können. Hierdurch hätte die Rechtsschutzversicherung Kosten gespart. Dies sah der EuGH jedoch anders. Wenn eine Rechtsschutzversicherung nur dann die Kosten für einen vom Versicherungsnehmer selbst gewählten Rechtsanwalt übernehmen will, wenn sie dies ausdrücklich gestattet, weil kein eigener Mitarbeiter der Versicherung dies übernehmen könne, widerspricht dies nach Auffassung des EuGH Art. 4 Abs. 1 Rechtsschutzversicherungsrichtlinie 87/344 und ist nicht zulässig. Das Urteil des EuGH trägt damit ganz klar zu einer Stärkung der Interessen der Versicherten bei. Sie können die Entscheidung des EuGH hier nachlesen: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=144208&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=347802
Kein Arbeitsunfall II (Kopierpause)
18.10.13 - Rechtsanwalt Alexander LamczykErstaunlich ist, welche Ansprüche von Versicherten gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung geltend gemacht werden. Vielfach erfolgt die Ablehnung zu Unrecht, aber andere Fälle sorgen eher für Kopfschütteln oder Unläubigkeit. Ein anscheinend nicht ganz einsichtsfähiger Verletzter wollte die Meinung der zuständigen Berufsgenossenschaft wohl nicht so recht akzeptieren. Als der Betroffene auf seinen Widerspruch hin kein Gehör fand, suchte man sein Seelenheil bei Gericht. Doch die Richter mochten dem Ansinnen des Klägers nicht recht folgen und wiesen den Anspruch mittels Gerichtsbescheid ab. Letztere Entscheidungsform ist für Eingeweihte der klare Hinweis darauf, dass hier ein eigentlich sinnloses Verfahren stattfand, denn die hinter der Entscheidung stehende Rechtslage ist insoweit klar. Doch was war geschehen: Der Mitinhaber oder der Mitarbeiter eine Firma – das wird aus der Pressemitteilung nicht ganz klar – war zum Kopieren abgestellt. Da auch der beste Kopierer nach einiger Zeit seine Verschnaufpause braucht, bevor mit dem nächsten Kopiervorgang begonnen werden kann, nutzte diesen ärgerlichen Umstand der Dürstende aus. Man macht, was jeder andere gute Mitarbeiter auch macht und holt sich aus dem griffbereit daneben stehenden Kühlschrank schnell noch eine Flasche alkoholfreie Weizenkaltschale....
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