
BGH stellt klar: Vermieter muss nicht die Fenster reinigen
15.10.18 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Mieter einer Loft-Wohnung hatte von seinem Vermieter gefordert, dass dieser die großen, teilweise nicht zu öffnenden Fensteraußenflächen des Lofts vierteljährlich reinigen lässt. Diese würden witterungsbedingt schnell verschmutzen und so den Blick nach außen beeinträchtigen. Nach Ansicht des Mieters mindere diese Beeinträchtigung den Wohnwert. Das Amtsgericht Mainz wies die Mieterklage ab, jedoch gab das Landgericht Mainz dem Mieter teilweise Recht und verpflichtete den Vermieter zu einer einmal jährlichen Reinigung der Fenster. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat schlussendlich entschieden, dass der Vermieter die Fenster überhaupt nicht putzen lassen muss. Auch dann nicht, wenn die Reinigung der Fenster mit starren Fenstersegmenten für den Mieter nur schwer umzusetzen sei. Der Mieter könne sich ja professionelle Hilfe eines entsprechenden Unternehmens holen. BGH, Urteil vom 21.08.2018, Az. VIII ZR 188/16
Recht auf Nachbesichtigung des Unfallfahrzeugs
28.09.18 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDas OLG Saarbrücken hat entschieden, dass ein Kfz-Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall das Recht hat, das Fahrzeug des Geschädigten ohne Angabe von Gründen nachzubesichtigen, auch wenn bereits ein privates Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe vorliegt. Nach der bisherigen Rechtsprechung war dies nicht ohne Weiteres möglich, es mussten begründete Zweifel an dem vom Geschädigten vorgelegten Gutachten dargelegt werden. Für den Geschädigten ergibt sich aus dieser Entscheidung ein Nachteil, weil das OLG Saarbrücken darauf abstellt, ob der Haftpflichtversicherer begründete Zweifel am Privatgutachten des Geschädigten haben durfte oder nicht. Ob er diese Zweifel dem Geschädigten mitteilt, ist dabei nicht erheblich. Das Gericht führte aus: „Kann der Haftpflichtversicherer begründete Zweifel an der Richtigkeit des vom Geschädigten vorgelegten Privatgutachtens haben, verstößt der Geschädigte gegen die ihm obliegende Rücksichtspflicht, wenn er dem vom Haftpflichtversicherer beauftragten Sachverständigen, ohne einen berechtigten Grund zu haben, die Besichtigung des Fahrzeugs verwehrt“. Die Entscheidung kann durchaus kritisch gesehen werden, denn den Geschädigten trifft im Falle der Klageerhebung ohne Nachbesichtigung das volle Prozessrisiko, während der Sachbearbeiter der Versicherung (welchen keinerlei Risiko trifft) außergerichtlich keine Zweifel begründen muss. Wenn er im späteren Prozess diese aber darlegt,...
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Keine Zusatzkosten für eigenen Ticketausdruck
14.09.18 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornDies entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 23.08.2018 (Aktenzeichen III ZR 192/17). Servicegebühren von Internetanbietern dürften damit Geschichte sein. Für die elektronische Übermittlung verlangte ein bekanntes Unternehmen bisher für diese “ticketdirect”-Option pauschal eine “Servicegebühr” in Höhe von bis zu 2,50 Euro, obwohl für die Übermittlung weder Porto- noch Materialkosten anfielen. Für die Versandart “Premiumversand” berechnete das Unternehmen zusätzlich zum Ticketpreis 29,90 € “inkl. Bearbeitungsgebühr”. Eine pauschale “Servicegebühr” in Höhe von 2,50 Euro für die elektronische Übermittlung einer Eintrittskarte zum Selbstausdrucken ist unzulässig, so der Bundesgerichtshof. Der Senat hat die von der Beklagten verwendeten Klauseln als Preisnebenabreden bewertet. Damit unterliegen sie im Gegensatz zu Vereinbarungen über den Veranstaltungspreis selbst der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. “Die streitigen Klauseln benachteiligen die Käufer durch die Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder – wie beim Versendungskauf – nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich...
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OLG Frankfurt: „Biss zum Morgengrauen“ – aber keine Vampirsaga
12.09.18 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseNicht selten gibt es für Fahrzeugbesitzer ein böses Grauen am Morgen, wenn in der Nacht Nager am bzw. im Wagen am Werke waren. Gut, wenn man eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen hat. Im Frühjahr 2014 machten sich Nagetiere am Fahrzeug des späteren Klägers zu schaffen. Sie zerbissen die Wasserabläufe des Panoramadachs, knabberten den Airbag auf der Beifahrerseite an und zernagten die Dämmung und Isolierung der Verkabelung hinter dem Armaturenbrett. Ein Sachverständiger bestätigte diese und weitere Schäden, die er eindeutig auf Nagetiere, wohl Mäuse, zurückführte. Der Versicherer lehnte eine Leistungspflicht ab. Er verwies auf die folgende Regelung in seinen Versicherungsbedingungen: “Versichert sind Schäden, die unmittelbar durch Tierbiss am Fahrzeug verursacht wurden. Schäden am Fahrzeuginnenraum sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen […].” Nach Ansicht des Versicherers waren die Schäden am Fahrzeuginnenraum entstanden. Das OLG Frankfurt am Main hatte nun zu entscheiden. Das Gericht gab dem Fahrzeughalter Recht. Die Schäden im Bereich zwischen der Außenhaut des Autos und der Innenraumverkleidung seien “am Fahrzeug” im Sinne der Klausel entstanden. Damit sei nämlich nicht nur die Außenhülle des Autos gemeint, sondern das Fahrzeug als Ganzes. Die Versicherung musste...
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Auffahrunfall in der Waschstraße: Wer zahlt?
10.08.18 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Kläger benutzte mit seinem BMW eine vollautomatische Waschstraße, durch welche die Fahrzeuge mit einem Schleppband gezogen werden. Vor ihm befand sich ein Mercedes, hinter ihm ein Hyundai. Der Mercedesfahrer trat ohne Grund auf die Bremse und sein Fahrzeug wurde nicht weiter transportiert, denn die Räder rutschten aus der Führung. Das Fahrzeug blieb stehen. Die hinteren Fahrzeuge hingegen wurden weiter gezogen. Der BMW krachte deshalb auf den Mercedes und der Hyundai von hinten auf dem BMW. Der Kläger begehrte nun Schadenersatz vom Betreiber der Waschstraße. Das Amtsgericht gab dem Kläger Recht. Im Berufungsverfahren wies das Landgericht jedoch die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste nun in dritter Instanz entscheiden. Der BGH hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache dorthin zur Entscheidung zurück verwiesen. Das Landgericht hatte nicht geprüft, ob der Betreiber der Waschstraße seiner Pflicht nachgekommen ist, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren. Dies sei zum Schutz der Rechtsgüter der Benutzer zwingend erforderlich. Allein technische Sicherungen können Beschädigungen nämlich nicht ausreichend verhindern und sind unüblich. Pressemitteilung zum...
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Urheberrecht an Fotografie – Neues vom EuGH
9.08.18 - Rechtsanwältin Petra RostWird eine Fotografie, die mit Zustimmung des Urhebers auf einer Website frei zugänglich ist, auf eine andere Website eingestellt, bedarf dies einer neuen Zustimmung des Urhebers, da die Fotografie durch ein solches Einstellen einem neuen Publikum zugänglich gemacht wird. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 07.08.2018 entschieden (Az.:C-161/17). Eine Schule veröffentlichte ein Schülerreferat mit frei zugänglicher Fotografie. Der Kläger ist Fotograf. Er hatte den Betreibern eines Reisemagazin-Portals erlaubt, auf ihrer Website eine seiner Fotografien zu veröffentlichen. Eine deutsche Schülerin einer nordrhein-westfälischen Schule hatte die frei zugängliche Fotografie von dieser Website heruntergeladen, um ein Schülerreferat zu illustrieren. Dieses Referat wurde anschließend auf der Website der Schule veröffentlicht. Der Fotograf klagte gegen das Land Nordrhein-Westfalen vor, um diesem die Vervielfältigung der Fotografie zu verbieten. Außerdem verlangte er 400 Euro Schadensersatz. Er machte geltend, nur den Betreibern des Reisemagazin-Portals ein Nutzungsrecht eingeräumt zu haben, und vertrat die Ansicht, dass die Einstellung der Fotografie auf der Website der Schule sein Urheberrecht verletze. Muss anderweitige Web-Einstellung frei zugänglicher Fotos neu autorisiert werden? Der letztendlich mit dem Rechtsstreit befasste Bundesgerichtshof ersuchte den...
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OLG Nürnberg: Was muss ein Bademeister alles beaufsichtigen?
21.06.18 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseEin Schwimmbadgast verlangte Schmerzensgeld von der Stadt Nürnberg, weil ein anderer Schwimmer vom Zehn-Meter-Turm auf ihn gesprungen sei. Dabei habe er schwere Verletzungen am linken Arm erlitten und forderte ein Schmerzensgeld von 100.000,00 EUR. Das OLG Nürnberg urteilte jedoch, dass vom Schwimmbadbetreiber nicht verlangt werden könne, dass er jeden einzelnen Springer ständig beaufsichtige und jeden einzelnen Sprung gesondert freigebe. Denn selbst wenn man den Vortrag des verletzten Schwimmers zum Unfallhergang zugrunde lege, ergebe sich keine Haftung der Stadt, da diese nicht gegen ihre Verkehrssicherungspflichten verstoßen habe, so der Senat. Eine lückenlose Aufsicht jedes einzelnen Badegastes in Schwimmbädern sei weder üblich noch zumutbar und auch nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich. Dies gelte auch für die Aufsicht an besonderen Einrichtungen des Schwimmbades, so etwa an einem Sprungturm. Darüber hinaus wurde gut sichtbar in der Benutzungsordnung darauf hingewiesen, dass sich die Badegäste vor dem Absprung vergewissern müssen, dass das Sprungbecken frei sei. Damit wurde dem Kläger das Schmerzensgeld nicht zugesprochen. Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25.04.2018, Az. 4 U 1455/17
Einstandspflicht des Reiseveranstalters nach einer Zugverspätung
11.06.18 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornMit Urteil vom 07.05.2018 entschied das Amtsgericht München, dass ein Reiseveranstalter im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen für Mehraufwendungen der Reisenden haftet, wenn diese aufgund einer erheblichen Zugverspätung der Deutschen Bahn AG auf ein Taxi umsteigen müssen, damit die Reise rechtzeitig angetreten werden kann. Was war passiert? Die Kläger buchten bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Marokko. Inhalt der Reiseleistung war ein “Rail & Fly Service” der deutschen Bahn AG (Zug zum Flug). Nachdem die Kläger rechtzeitig vor Beginn des Abfluges in Frankfurt am Main eine Zugverbindung von Mühlhausen nach Frankfurt wählten, kam es auf der Zugstrecke in Richtung Frankfurt zu erheblichen Zugverspätungen und Zugausfällen, sodass die Kläger mit dem Taxi von Göttingen nach Frankfurt fuhren mussten, um die Reise rechtzeitig antreten zu können. Die Beklagte lehnte eine Erstattung der Taxikosten außergerichtlich ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Kläger hätten eine längere Karrenzzeit als 135 Minuten einplanen müssen. Die Entscheidung des Amtsgrichts Das Amtsgericht München gab der Klage auf Ersatz der Mehraufwendungen vollumfänglich statt. Die Beklagte habe den Zugtransfer im Rahmen von “Rail & Fly” als eigene Reiseleistung...
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BGH: Entschädigung für geplatzte Kreuzfahrt
1.06.18 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseNach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) erhält ein Ehepaar eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit. Ein Fehler beim Reiseveranstalter hatte die lange Zeit zuvor gebuchte Karibik-Kreuzfahrt durchkreuzt. Erst drei Tage vor Reisebeginn stellte sich heraus, dass für das Ehepaar auf dem Schiff keine Kabine reserviert worden war. Sie planten kurzfristig um und machten eine Mietwagen-Rundreise durch Florida. Die Mehrkosten von knapp 900 Euro machte das Ehepaar klageweise geltend. Außerdem forderten sie rund 5000 Euro Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit. Dies hatten die Plätze auf dem Kreuzfahrtschiff gekostet. Das Landgericht Köln sprach ihnen daraufhin in erster Instanz knapp 3700 Euro zu. Im Berufungsverfahren erkannte das Oberlandesgericht ihnen zudem den Ersatz der knapp 900 Euro für die Mehrkosten zu. Der BGH bekräftigte nun, dass zwar Reisende bei einer vereitelten Reise neben der Erstattung des Reisepreises auch eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen könnten. Der Senat stellte aber klar, dass bei einer ausgefallenen Reise nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen sei. Es geht beim Entschädigungsanspruch nicht um eine “zweite Rückerstattung” des Preises. Die Mehrkosten für die...
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Dashcam-Aufzeichnungen sind verwertbar
16.05.18 - Rechtsanwältin Petra RostDer BGH hat mit Urteil vom 15.05.2018 ( Az.: VI ZR 233/17) entschieden, dass Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sind. Die permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens während einer Autofahrt mittels einer Dashcam ist zwar nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig, kann jedoch als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nur neutrale Verkehrsvorgänge dokumentiert werden und das Beweisinteresse des Geschädigten im Einzelfall höher zu bewerten ist als das Persönlichkeitsrecht des Unfallgegners.