Bundesverwaltungsgericht: Bei Versorgungsehe zählen auch subjektive Umstände

3.02.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Als Versorgungsehe wird eine Ehe bezeichnet, von der aufgrund ihrer Kürze vermutet wird, sie sei nur geschlossen worden, um eine Witwenrente für den überlebenden Partner zu sichern. Das Bundesverwaltungsgericht hatte nun folgenden Fall zu entscheiden: Seit 6 Jahren hatte ein Paar in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt, über eine Hochzeit zwar gesprochen, diese aber trotz bestehender Verlobung immer wieder aufgeschoben. Dann wurde bei dem verbeamteten Mann eine lebensbedrohliche Krankheit diagnostiziert. Da die Behandlung gut anschlug, heiratete das Paar. Knapp zwei Monate später verstarb jedoch der Ehemann aufgrund von Komplikationen bei der Behandlung. Der Arbeitgeber des Ehemannes wollte der Witwe kein Witwengeld nach § 19 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) zahlen, da es sich um eine Versorgungsehe gehandelt habe, die kürzer als ein Jahr andauerte. Dagegen klagte die Witwe. In erster Instanz verlor sie, auch das Oberverwaltungsgericht verneinte ihren Anspruch. Das Bundesverwaltungsgericht hingegen beurteilt den Fall nun anders. Neben den objektiven, äußeren Umständen sind auch die subjektiven Umstände der Ehe zu berücksichtigen. In diesem Fall bestand schon seit mehreren Jahren die Absicht, die Ehe zu schließen, es wurden sogar schon Vorbereitungen hierfür getroffen. Zu...

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Filesharing – Urteil zu Urheberrechtsverletzungen aus einer Familie

15.01.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Eltern haften unter Umständen für illegale Musik-Uploads ihrer Kinder. Das OLG München hatte aktuell einen Fall zu entscheiden, in welchem bei einer Onlinetauschbörse das aktuelle Album der Sängerin Rihanna hochgeladen wurde. Der Upload erfolgte vom Anschluss eines Münchener Ehepaares. Die drei volljährigen Kinder hatten – neben den Eltern – alle Zugang zu diesem Internetanschluss. Obwohl die Eltern wussten, welches der Kinder das Album ins Netz stellte, weigerten sie sich, den Namen des Kindes dem Gericht zu offenbaren. Die Inhaberin der Verwertungsrechte dieses Musikalbums bekam vom OLG München über 3.500,00 EUR Schadenersatz und Abmahnkosten zugesprochen. Hätten die Eltern preisgegeben, wer als Täter in Frage kommt, hätte die Klägerin zunächst beweisen müssen, dass der Upload illegal erfolgt ist, weil er gegen das Urheberrecht verstößt. Diese Beweisführung blieb ihr aufgrund der Weigerung der Eltern erspart. Urteil des OLG München vom 14.01.2016 zu Az. 29 U 2593/15


Himbeeren drin oder nicht?

4.12.15 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Bereits im Juni 2015 hatte der Europäische Gerichtshof (Rechtssache C 195/14) entschieden, dass in Lebensmittelverpackungen, auf denen Himbeeren abgebildet sind, auch Himbeeren drin sein müssen. Nun hatte der Bundesgerichtshof (BGH) darüber zu entscheiden, wo genau die Grenze zur Irreführung der Verbraucher durch die Aufmachung der Verpackung liegt. In dem Rechtsstreit ging es um den Früchtetee “Felix Himbeer-Vanille Abenteuer” des Herstellers Teekanne. Auf der roten Teeverpackung waren neben dem Kinderbuch-Hasen Felix groß Himbeeren und eine Vanilleblüte abgebildet. Außerdem war der Hinweis gut sichtbar, dass in dem Tee “nur natürliche Zutaten” sind. Im Tee fand man zwar unter anderem Hibiskus, Äpfel und Hagebutten, jedoch nicht einmal Spuren von echten Himbeeren und Vanille. Verpackungen dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass ein Lebensmittel eine Zutat hat, die gar nicht enthalten ist. So hat der BGH am 02.12.2015 entschieden. Es reicht nicht aus, wenn die Zutaten zwar genau aufgeführt seien, die Aufmachung der Verpackung aber den Käufer irreführen könne. Entscheidend ist der gesamte Eindruck der Verpackung. Pressemitteilung zum Urteil des BGH vom 02.12.2015, Az. I ZR 45/13


Haftet der Dachdecker für mangelhafte Dachziegel?

18.11.15 - Rechtsanwalt Thomas Fick

Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Landgericht Mühlhausen sowie das Oberlandesgericht in Jena zu befassen.Was war passiert? Der Dachdecker hatte das Dach des Klägers im Jahr 2006 mit neuen Ziegeln gedeckt.Im März 2013 bemerkte der Kläger Abplatzungen an  der Glasur der Dachziegel. Er behauptete nun ,die Werkleistung wäre im jahr 2006 nicht abgenommen worden, ferner hätte der Dachdecker die Mängel der Ziegeln arglistig verschwiegen und berief sich auf eine Gewährleistungsfrist gemäß §634a Abs.3 BGB von 10 Jahren .Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandgericht wiesen die Klage auf Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten im Rahmen der Gewährleistung ab.Es liege eine wirksame konkludente Abnahme vor, zumindet in der vorbehaltlosen Zahlung der Schlußrechnung im Jahre 2006.Der beklagte Dachdecker berief sich zu Recht auf die Einrede der Verjährung.Eine positive Kenntnis von den Mängeln der Ziegel im Jahr 2006 hatte er nicht. Damit verjähren die Ansprüche im Rahmen der üblichen  5-jährigen Verjährung. LG Mühlhausen Urteil vom 06.03.2015 6 O 525/14 , OLG Jena Beschluß vom 21.10.2015  1 U 307/15


Postbank darf keine Gebühren für Ersatz-EC-Karte erheben!

25.10.15 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Banken dürfen für die Ausstellung einer Ersatzbankkarte kein Geld verlangen. Dies hat der Bundesgerichtshof aktuell entschieden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte gegen die Postbank geklagt, welche von ihren Kunden 15 Euro für das Ausstellen einer Ersatzkarte verlangte. Die Vorinstanz hatte noch der Postbank Recht gegeben. Der BGH begründete sein hiervon abweichendes Urteil damit, dass Banken schließlich das Recht haben, eine Karte im Falle deren Verlustes oder Diebstahls zu sperren, damit keine Unbefugten auf das Konto zugreifen können. Es gilt die gesetzliche Pflicht für die Banken, in einem solchen Fall eine Ersatzkarte auszustellen. Dies darf den Kunden nichts kosten, weil das eine unangemessene Benachteiligung für ihn wäre. Geht jedoch die Karte kaputt oder ändert man seinen Namen, z.B. bei einer Eheschließung, so darf die Bank für die Ausstellung einer neuen Karte weiterhin Gebühren verlangen. Da viele Banken ähnliche Klauseln wie die Postbank in ihren Geschäftsbedingungen haben, gilt das BGH-Urteil auch für sie. Pressemitteilung des BGH zum Urteil vom 20.10.2015, XI ZR 166/14


BGH: Keine GEMA-Gebühr für Eigentümergemeinschaften!

17.09.15 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Wohnungseigentümer mit einer gemeinsamen Fernsehantenne müssen nach der aktuellen Entscheidung des BGH vom 17.09.2015 (Az.: I ZR 228/14) keine GEMA-Gebühren bezahlen. Die GEMA klagte gegen eine Münchner Eigentümergemeinschaft mit 343 Wohneinheiten. Sie meinte, dass sie Gebühren für die Weiterleitung von Fernseh- und Radioprogrammen von einer Gemeinschaftsantenne per Kabel in die einzelnen Wohnungen beanspruchen kann. Ihr sei ein Schaden in Höhe von rund 7500 Euro entstanden, da durch die Weiterleitung der Sendesignale das „Kabelweitersenderecht“ der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten verletzt worden wäre. Voraussetzung hierfür wäre jedoch eine öffentliche Wiedergabe, die aus Sicht des BGH und auch der Vorinstanzen gar nicht gegeben war. Der Anwalt der GEMA hatte argumentiert, die 343 Wohneinheiten seien eine öffentliche und “zufällige Ansammlung von Bewohnern” und damit vergleichbar mit Menschen in einem Konzertsaal. Der BGH führte jedoch aus: “Im Ergebnis leiten die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter”, da die Wohnungseigentümer statt mehrerer Einzelantennen nur eine Gemeinschaftsantenne installierten und die Sendesignale an die Empfangsgeräte in den Wohnungen leiten. Dies ist nach Auffassung des BGH lediglich eine Wiedergabe für einen privaten Kreis. Damit...

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Wegeunfall auch beim Abbiegen vom Arbeitsweg!

8.09.15 - Rechtsanwältin Petra Rost

Das LSG Darmstadt hat am 14.07.2015 entschieden (Az.: L 3 U 118/13, dass die Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall auch dann entschädigen muss, wenn ein Beschäftigterr vom unmittelbaren Arbeitsweg falsch abbiegt. Ein als Lagerist im Fachgroßhandel in Eschborn tätiger Mann wurde im Januar 2011 aushilfeweise in einem Lager in der Nähe von Mainz eingesetzt. Seinen Dienst sollte der in Frankfurt am Main wohnende Mann um 17:45 Uhr beginnen. Gegen 17:15 Uhr verunglückte er infolge eines verkehrswidrigen Wendemanövers auf einer vierspurigen Bundesstraße. Der Unfallort befindet sich nicht auf dem unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstelle. Bei dem Unfall wurde der Mann schwer verletzt, erlitt ein Schädelhirntrauma und lag zwei Wochen im Koma. Im November 2011 wurde er wieder stufenweise in sein Arbeitsverhältnis eingegliedert.Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sich der Mann zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem Weg zur Arbeit, sondern auf einem unversicherten Weg befunden habe, ohne dass hierfür betriebliche oder verkehrstechnische Gründe erkennbar seien. Der Mann erhob Klage und führte an, dass er wegen eines Staus eine andere Route gewählt und sich bei schwierigen Licht- und Wetterverhältnissen verfahren habe....

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Achtung Aufnahme – Kameras und die liebe Nachbarschaft

23.07.15 - Rechtsanwalt Alexander Lamczyk

Auch Überwachungskameras zum Schutze des eigenen Eigentums können Streitkgeiten mit der Nachbarschaft auslösen.  Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume ist nämlich nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts bzw. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Fühlt sich nunmehr der Nachbar durch eine Videokamera beobachtet, wobei das bloße Gefühl der ständigen Überwachung durchaus reicht, kann dies Unterlassungsansprüche nach sich ziehen. die Kameras sind dann zu entfernen. Das Aufstellen von Kameras ist nur engen Grenzen zulässig, bedarf der Abwägung und sollte vorher geprüft werden.  


Bis dass der Tod uns scheidet…

21.07.15 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Eine Frau wollte sich nach rund 28 Ehejahren scheiden lassen und stellte einen Antrag auf Ehescheidung beim Gericht. Der Gatte stimmte dem Antrag zu. Kurze Zeit später starb der Gatte. Die Ehefrau beantragte zunächst beim Nachlassgericht einen Erbschein für die drei gemeinsamen Kinder, überlegte es sich jedoch einen Tag später anders. Sie teilte dem Familiengericht mit, dass sie sich kurz vor dem Tode wieder mit ihrem Mann versöhnt habe und der Scheidungsantrag hinfällig wäre. Sie nahm den Scheidungsantrag zurück. Der Anwalt des verstorbenen Ehemannes erklärte die Zustimmung zur Klagerücknahme und verwies dabei auf eine noch vor dessen Tod erhaltene Anweisung.   Beim Nachlassgericht beantragte die Frau die Änderung des gemeinschaftlichen Erbscheins dahingehend, dass nun sie selbst als Miterbin eingesetzt werde. Das Nachlassgericht wies diesen Antrag zurück, wogegen die Frau Beschwerde einlegte. Hierüber hatte nun das Oberlandesgericht Naumburg zu entscheiden. Der Beschluss fiel negativ für die Witwe aus. Nach § 1933 S. 1 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser der...

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„Wer die Musik bestellt“… oder den Makler!

28.05.15 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja Giese

Wie geplant werden die Änderungen bei den Maklerprovisionen für Mietwohnungen zum 1. Juni 2015 in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Antrag zweier Immobilienmakler und eines Mieters auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen, mit dem das Gesetz gestoppt werden sollte. Bisher musste in der Regel der Mieter die Provision bezahlen, wenn er auf ein Maklerinserat hin eine Wohnung anmietete. Künftig gilt jedoch das “Bestellerprinzip”. Hiernach muss derjenige den Makler bezahlen, der ihn beauftragt hat. Der Mieter zahlt also nur noch dann, wenn er selbst einen Makler einschaltet, um eine Wohnung zu suchen. Hat jedoch der Vermieter den Makler beauftragt und versucht dann, die Provision auf den Mieter abzuwälzen, kann dies mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 33/2015 vom 27. Mai 2015 Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21. April 2015