
Keine Entlastung des Arztes durch irreführende “Eigendiagnose”
Das OLG Koblenz (Beschluss vom 30.01.2012; 5 U 857/11) hatte über die Haftung eines Orthopäden zu entscheiden, der bei einem notfallmäßig eingelieferten 36-jährigen Patienten (selbst Rettungssanitäter) eine vollständige Anamnese und eine internistische Abklärung der aussergewöhnlich starken Schmerzen der linken Körperseite unterließ, weil er den Verdacht des Patienten, es handele sich, wie bereits ein Jahr zuvor, um eine Einklemmung des Nervs im Bereich der HWS, nicht in Frage stellte. Der Patient – von den starken Schmerzen gezeichnet – äußerte, dass eine internistische Abklärung (seinerzeit) erfolgt sei, während der Orthopäde davon ausging, das diese erst am selben Tag stattgefunden habe. Er hätte jedoch hinterfragen müssen, wann die vernichtenden Schmerzen (erst an diesem Nachmittag) begonnen haben, womit das Missverständnis aufgeklärt worden wäre. Stattdessen wurde der Patient mit der Diagnose Querwirbelblockade und Muskelverspannung nach Hause entlassen, wo er knapp drei Stunden später, aufgrund eines akuten Herzinfarktes verstarb. Diese unterlassene Befunderhebung führte zur Umkehr der Beweislast und zur Haftung des Orthopäden u.a. für die Unterhaltsschadensansprüche der Ehefrau und der Kinder.