
LG Mühlhausen: Der lügende Abbruchjäger
Seit mehreren Jahren geistert ein Phänomen durch die Rechtsprechung, das sogar einen eigenen Namen bekommen hat – der Abbruchjäger. Gemeinhin versteht man unter diesen Personen, Bieter auf Internetplattformen, denen es nicht vorrgangig um den Kauf der angebotenen Ware geht, sondern nur um Schadensersatz, weil die Anbieter in Unkenntnis der Rechtslage Autkionen vorzeitig beenden.
Eines dieser Bieterexemplare ist aktuell mit seinem Schadensersatzverlagen vor dem Landgericht Mühlhausen gescheitert, nachdem er zunächst noch mit seinem Ansinnen vor dem Amtsgericht Mühlhausen Glück gehabt hatte. Nachdem der Kläger das Amtsgericht nachweislich zu seinem Account und seinem Bieterverhalten belogen hatte und dort beide Augen zugekniffen wurden, verschloß man sich des Vorwurfs des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bei der Berufung nicht.
Aufgestoßen ist der Kammer, dass der Kläger bei eBay seine Identität durch eine anonymiserung des Accountes verschleierte, um eine Prüfung des Bieterverhaltens zu erschweren. Dennoch konnte dem Gericht das Bieterverhalten dargelegt werden, wonach der Kläger in den letzten drei Monaten vorher insgesamt 1154 Gebote auf 594 unterschieldiche Aritkel – ausnahmslos aus der Kategorie Auto und Motorrad – und einem Volumen von 1,1 bis 1,5 Millionen EUR abgab und bei den immerhin 52 gewonnenen Auktionen seine Gebote zurücknahm.
Besonders aufgestoßen ist der Berufungskammer jedoch das prozessuale Verhalten des Klägers. Zuerst war er als privater Bieter unterwegs, dann als Händler nur um am Ende das Kfz als privater Käufer für seine Freundin erstehen zu wollen. Weiterhin hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht über seinen eBay Account gelogen, dass sich die vorgelegte Gebotsübersicht nicht auf seinen Account beziehe. Das sei nicht er. Erst mit späterem Schriftsatz hat der Kläger vortragen lassen, dass nunmehr nach der ausführlichen Herleitung der Identität des Klägers duch die Beklagtenseite nicht mehr bestritten werde, dass in der hier vorliegenden Auktion der Bietername des Klägers mit der Bezeichnung “8***8” anonymisert worden sei.
Aber Achtung: Man sollte nicht voreilig auf das Argument Abbruchjäger abstellen. Wer auf eBay Waren einstellt, kann bedenkenlos das Angebot nur herausnehmen oder ändern, wenn noch niemand geboten hat. Streicht man die Auktion trotz abgegebener Gebobte, setzt man sich mitunter des Risikos berechtigter Schadensersatzansprüche oder Erfüllungsverlangen des Kaufvertrages aus – zu welchem Preis auch immer.
Landgericht Mühlhausen, Urteil vom 10. April 2019 -Az.: 1 S 90/18
(die Beklagte wurde im Verfahren durch FHR Rechtsanwälte vertreten)