Versetzung ins Ausland qua Direktionsrecht möglich ?

23.11.23 - Rechtsanwalt Martin Weißenborn

Ein Pilot war bei einer inländischen Fluggesellschaft in Nürnberg beschäftigt. In seinem Vertrag war eine unternehmensweite Einsatzmöglichkeit vereinbart. Die Arbeitgeberin ist eine internationale Fluggesellschaft mit Sitz im Ausland. Die Arbeitgeberin versetzte den Piloten von Nürnberg nach Bologna/Italien und sprach hilfsweise eine Änderungskündigung aus. Seine Klage gegen die Versetzung blieb in den Instanzen letztlich erfolglos. BAG vom 30.11.2022  5 AZR 336/21 Fazit: Eine Prüfung des Arbeitsvertrages zur Reichweite von Klauseln ist angebracht und notwendig.


Erfolglose Verfassungsbeschwerde wegen fehlender „Rohmessdaten“

15.11.23 - Rechtsanwalt Martin Weißenborn

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Beschluss vom 20. Juni 2023 eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerde richtete sich gegen einen vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß. Der Beschwerdeführer meinte, dass aus dem Grundsatz des Rechtes auf ein faires Verfahren ein Recht auf „Waffengleichheit“ resultiert, dass die zuständigen Behörden dazu verpflichtet, nur Geräte einsetzen, die sogenannte „Rohmessdaten“ erheben. Das Bundesverfassungsgericht hielt die Beschwerde für unzulässig. Der Beschwerdeführer habe nicht ausreichend dargelegt, dass aus dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf ein faires Verfahren auch eine staatliche Pflicht folgt, potentielle Beweismittel zu schaffen, die zur Wahrung von Verteidigungsrechten notwendig seien. Demzufolge habe der Beschwerdeführer eine Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargelegt.   Bundesverfassungsgericht – 2 BvR 1167/20


Nackter Vermieter auf dem Hof ist kein Mietsachmangel!

9.08.23 - Rechtsanwalt Martin Weißenborn

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte sich mit zahlreichen geltend gemachten Mietmängeln hinsichtlich einer in einem gemischt genutzten Haus liegenden Büroetage befasst. Unter anderem wurde geltend gemacht, dass der sich im Hof nackt sonnende Vermieter zu einem Minderungsanspruch führe. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger nicht beeinträchtigt werde. Rein das ästhetische Empfinden eines anderen verletzende Umstände führten grundsätzlich nicht zu einem Abwehranspruch, sofern sie sich nicht gezielt gegen den anderen richteten. Es fehle insoweit an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück. OLG Frankfurt am Main, 18.04.2023 – 2 U 43/22


vorgerichtliche Inkassokosten und Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig?

11.07.23 - Rechtsanwalt Martin Weißenborn

Es kommt darauf an, so urteilt der BGH jüngst im Rahmen eines Versäumnisurteils. Beauftragt ein Gläubiger zunächst bei unbestrittener Forderung ein Inkassounternehmen, so sind die Kosten grundsätzlich erstattungsfähig. Beauftragt der Gläubiger zur gerichtlichen Durchsetzung der Forderung dann noch einen Rechtsanwalt, weil der Schuldner jetzt erstmalig die Forderung bestreitet, so sind auch die Kosten des Rechtsanwaltes erstattungsfähig. Fazit: Reagiert der Schuldner zu spät, wird es teuer, Anwaltskosten plus Inkassokosten fallen parallel an. BGH  vom 07.12.2022  VII ZR 81/21


Rückforderung Coronahilfe rechtswidrig auch in 2.Instanz

16.05.23 - trabert

Das OVG Nordrhein/Westfalen hält die Rückforderung von Coronahilfen auch in 2.Instanz für rechtswidrig .Die Corona-Soforthilfe war als grundsätzlich nicht rückzahlbarer Billigkeitszuschuss in Gestalt einer einmaligen Pauschale bewilligt worden. Ein Vorbehalt der Rückforderung war ausdrücklich nicht im Bewilligungsbescheid enthalten. Auch wenn sich nach dem Bewilligungsbescheid die Verwaltungspraxis ändert, entsteht kein Anspruch der Behörde auf Rückforderung gem.§ 49a VwVerfG NRW. Fazit: Zahlen sie nicht vorschnell ihre bewilligten Coronahilfen  ohne anwaltliche Prüfung zurück. OVG Nordrhein/Westfalen vom 17.03.2023  4 A 1988/22


Neues zur Wirksamkeit von Vertragsstrafen im Arbeitsverhältnis

18.04.23 - trabert

Die Vereinbarung von Vertragsstrafen im Arbeitsvertag ist ei n häufiges Phänomen. Es kommt für eine Wirksamkeit aber sehr genau auf den Inhalt der Klausel an. Das BAG hat gerade aktuell die Regelung einer Vertragsstrafe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 Abs.1, 2 BGB für unwirksam angesehen, wenn das die Vertragsstrafe auslösende Verhalten des Arbeitnehmers nicht präzise beschrieben wird. Damit liegt der Maßstab sehr hoch. Allgemeine Floskeln , wie wenn sich der Arbeitnehmer „vertragswidrig“ verhält, wird die Vertragsstrafe fällig, reichen demzufolge nicht mehr aus. Fazit: Die Überarbeitung der Vertragsstrafenklausel ist nach diesem Urteil unbedingt zu empfehlen. BAG vom 20.10.22 – 8 AZR 332/21


Kündigung wegen Teilnahmeverweigerung am Personalgespräch rechtens?

14.04.23 - trabert

Das Arbeitsgericht Heilbronn hielt die ordentliche Kündigung für rechtens. Der Arbeitnehmer war wegen Corona-Maßnahmen im Homeoffice. Der Arbeitgeber lud den Arbeitnehmer zum Personalgespräch ein. Nachdem der Arbeitnehmer nicht erschien, mahnte er ihn ab. Er forderte den Mitarbeiter erneut auf, zu einem weiteren Personalgespräch zu erscheinen. Der Mitarbeiter erschien wiederum nicht. In einem Zeitraum von über einem Monat erschien der Arbeitnehmer zu drei anberaumten Personalgesprächen nicht. Das Gericht wertete dieses Verhalten als beharrliche Arbeitsverweigerung und hielt die Kündigung für rechtens. Das Weisungsrecht gemäß § 106 Gewerbeordnung rechtfertige das Verlangen zum persönlichen Erscheinen zum Personalgespräch. Ob der Arbeitnehmer dies im Hinblick auf die Pandemie für unzweckmäßig hält sei kein Rechtfertigungsgrund für das Nichterscheinen. Fazit: Der Arbeitnehmer war sich seiner Sache hier zu sicher. Eine vorherige Beratung wäre zweckmäßig gewesen.. ArbG Heilbronn  Urteil vom 23.03.2022,  2 Ca 14/22


Terrassenzuweg muss nicht risikofrei begehbar sein

23.11.22 - trabert

Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 08.09.2022 – 17 W 17/22) hatte sich mit folgendem Sachverhalt zu befassen: Ein Nachbar suchte einen Hauseigentümer in dessen Haus auf. Hierzu beging er bei Dunkelheit einen nicht beleuchteten Zuweg, welcher zur Terrasse führte. Zur Terrasse hin befindet sich auf dem Weg eine Stufe. Hinter der Stufe zur Terrasse hin ist der Weg gefliest. Der regennasse Weg war teilweise mit Moos, Blättern und Ästen bedeckt. Auf dem Rückweg rutschte der Nachbar auf dem gefliesten Teil des Weges aus und brach sich ein Bein. Er verlangte vom Eigentümer 20.000 Euro Schmerzensgeld. Dies ohne Erfolg. Der Eigentümer hatte in Bezug auf den Zuweg keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Grundsätzlich ist jeder, der eine Gefahrenlage schafft, dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, die ein umsichtiger Mensch für ausreichend hält, andere vor Schäden zu bewahren. Kommt es aufgrund nicht auszuschließender, aber besonders eigenartiger Umstände zu einem Schaden, muss der Geschädigte diesen jedoch selbst tragen. Es gibt kein Gebot, andere gar nicht zu gefährden. Nicht jeder möglichen Gefahr muss vorgebeugt werden. So auch im vorliegenden Fall. Der Geschädigte hatte...

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Kein Recht auf Homeoffice

17.11.22 - trabert

Das Arbeitsgericht Heilbronn hatte sich unlängst mit der Frage zu befassen, ob sich  für den Arbeitnehmer ein klagbarer Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice ergibt aus dem Infektionsschutzgesetz. Der Arbeitnehmer berief sich auf § 28 b Abs.4 IfSG in der Fassung vom 24.11.21 .Das Arbeitsgericht lehnte ein subjektives Recht des Arbeitnehmers ganz klar ab .Der Arbeitnehmer weigerte sich sogar an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch teilzunehmen .Er begründete dies damit, dass er ja seit geraumer Zeit im Homeoffice arbeitet und er deshalb nicht zum Präsenzgespräch erscheinen müsse.   Fazit: Auch beim Homeoffice gelten die Pflichten zur Rücksichtnahme  aus § 241 Abs.2 BGB   ArbG Heilbronn vom 23.03.2022  2 Ca 14/22


Die Berufsgenossenschaft muss Kosten für ambulante Reha nach Knieverletzung tragen!

25.10.22 - trabert

In einer aktuellen Entscheidung gab das Sozialgericht Gotha einem Kläger im einstweiligen Rechtsschutz Recht. Der Kläger erlitt einen Arbeitsunfall und verletzte sich das Kreuzband. Die behandelnden Ärzte sahen nach der Operation ein umfangreiche ambulante Reha mit Gangschule für absolut notwendig an. Die BG lehnte die Kostenübernahme ab. Der Kläger beantragte beim Gericht eine einstweilige Verfügung auf Übernahme der Kosten. Das Gericht gab ihm Recht und sah eine besondere Eilbedürftigkeit als gegeben an. Ohne die baldige ambulante Reha drohen dem Kläger massive Heilungsverzögerungen. Fazit: Der Kampf des Klägers wurde belohnt. SozG Gotha vom 13.10.22 S 10 U 1383/22 ER