Behandelnder Arzt kann im Testament als Erbe eingesetzt werden

25.01.24 - Rechtsanwalt Martin Weißenborn

Eine Patientin kann ihren behandelnden Arzt als Erben einsetzen. Nach einem Beschluss des OLG Frankfurt am Main führt dies auch dann nicht zur (Teil-)Nichtigkeit des Testaments, wenn der begünstigte Arzt selbst die Testierfähigkeit der Erblasserin bestätigt hat. Die Frau hatte ihren Arzt in mehreren Testamenten neben weiteren Freunden und Verwandten als Miterben eingesetzt. In der letzten Version 2021 bat sie den Arzt um Bestätigung ihrer Testierfähigkeit. Der Arzt brachte einen entsprechenden Vermerk auf dem Testament an. Nach dem Tod der Erblasserin beantragen nunmehr der behandelnde Arzt und zwei weitere Miterben die Erteilung eines Erbscheins auf der Grundlage dieses Testaments. In dem Erbscheinverfahren wurde das Testament von einem der übrigen Miterben angefochten. Es liege ein Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (BO-Ä) vor, kritisierte er. Gemäß § 32 Abs. 1 BO-Ä ist es “Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten (.) Geschenke oder andere Vorteile (.) sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird”. Des Weiteren sei die herzkranke und pflegebedürftige Erblasserin testierunfähig gewesen. Der Miterbe stellte seinerseits einen Erbscheinsantrag auf der...

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Energieversorger an vertraglich vereinbarte Preisgarantie gebunden!

31.08.22 - Rechtsanwalt Martin Weißenborn

So entschied das Landgericht Düsseldorf mittels einstweiliger Verfügung vom 26.08.2022 (Az. 12 O 247/22). Das Landgericht untersagte einem Energieversorger, im Falle von vertraglich vereinbarten Preisgarantien eine Erhöhung der Preise vorzunehmen. Der Energieversorger berief sich zur Preisanpassung auf die sog. Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf liegen die Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht vor, sodass die vertraglich vereinbarten Preisgarantien weiterhin fortbestehen und zu beachten sind.   


Absonderungsrecht für Bäckereiinventar festgestellt

12.07.22 - Rechtsanwalt Thomas Fick

Das Landgericht Mühlhausen hatte sich mit einem interessanten Fall zu befassen. Der Kläger hatte seine Bäckereifirma vekauft. Der Käufer war geraume Zeit später in Insolvenz gefallen. Der Insolvenzverwalter verkaufte kurzerhand das neuwertige Inventar an eine Backfiliale. Dieses Inventar war jedoch an den Kläger wirksam sicherungsübereignet gewesen. Das Landgericht hielt die Sicherungsübereignung für hinreichend bestimmt. Nun muss der Insolvenzverwalter das veräußerte Inventar wohl im Wege des Schadenersatzes an den Kläger zahlen. Fazit: Auch Insolvenzverwalter machen Fehler und haften für Pflichtverletzungen. LG Mühlhausen vom 24.05.2022,  Az: 6 O 166/20


Verletztenrente von 50% MdE nach Auffahrunfall

31.05.22 - Rechtsanwalt Thomas Fick

Vom Thüringer Landessozialgericht erhielt jetzt ein Außendiensmitarbeiter Recht, der in einen schweren Wegeunfall verwickelt war.Das Gericht hatte ein Gutachten eines SV eingeholt, der eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Unfallfolge festgestellt hat.Aufgrund der erlittenen Todesangst, sei es zu einer tiefgreifenden Traumatisierung des Klägers gekommen.Die Berufsgenossenschaft hatte die schweren Folgen des Unfalles über 6 Jahre bezweifelt.Das Gericht stellte jedoch zugunsten des Klägers fest, dass auch eine mittelschwere Depression als Traumafolgestörung bewiesen ist. Fazit: Der 8 Jahre währende Kampf des Klägers seit seinem Unfall im Jahre 2014 wurde belohnt. Thür.LSG Urteil vom 24.03.2022 , Az: L 1 U 1409/19


Haftungsprivileg der Eltern im Rahmen der Tierhalterhaftung

22.03.21 - Rechtsanwältin Petra Rost

  Durch § 1664 Abs. 1 BGB (wonach Eltern bei Ausübung der elterlichen Sorge gegenüber ihrem Kind stets nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit Haften) wird ein verschuldensunabhängiger Anspruch nach § 833 Satz 1 BGB (Tierhalterhaftung) ausgeschlossen. In Deutschland werden rund 14,8 Mio. Katzen, 9,4 Mio. Hunde und 5,4 Mio. Kleintiere als Haustiere gehalten (Ohr, Heimtierstudie 2019: Ökonomische und soziale Bedeutung der Heimtierhaltung in Deutschland, 2019, S. 5). Und nicht selten verletzen sie durch Kratzen, Beißen, Springen und abruptes Ziehen an der Leine ihren Halter oder dessen Familienangehörige. Vom BGH zu entscheiden war folgender Sachverhalt. Ein Vater ging mit seiner dreijährigen Tochter und seinem Hund spazieren, als dieser plötzlich seine Laufrichtung änderte. Die Tochter stolperte über die straffende Hundeleine und stürzte auf ihr Gesicht. Daraufhin trat der Vater seine Ansprüche aus seiner Tierhalterhaftpflichtversicherung an seine Tochter ab. Diese verklagte den Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz und Feststellung. Nachdem bereits Klage und Berufung erfolglos geblieben waren, wies auch der BGH die Revision der Klägerin zurück. Fazit: Erleidet ein Kind durch ein Haustier seiner Eltern eine Verletzung, so haften diese nur...

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Zweimal angestoßen – trotzdem nur ein Unfall

15.01.21 - Rechtsanwalt Alexander Heinz

Auch wenn man bei einem Ausparken bzw. Wenden sein Fahrzeug an zwei Stellen beschädigt, ist dies ein Unfallereignis und der Versicherer darf die Selbstbeteiligung nur einmal abziehen bzw. den Vertrag nur einmal zurückstufen. Bei einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang, ist es vollkommen lebensfremd zwei getrennte versicherungsrechtliche Tatbestände zu konstruieren, nur weil zwei verschiedene Geschehnisse (z.B. Vorwärts- und Rückwärtsfahren) zu zwei Anstößen geführt haben. So urteilte das AG Traunstein am 27.11.2013, Aktenzeichen 311 C 1104/13. Die Klägerin hatte beim Ausparkversuch ihren BMW zunächst rückwärts gegen den Pfeiler eines Carports gefahren und blieb nach nochmaligen Rangieren beim Herausfahren mit dem vorderen linken Kotflügel an der Stahlsäule hängen. Diesen Verlauf nahm der Kaskoversicherer zum Anlass zwei separate Unfälle abzurechnen.


Auch Änderungen eines Testaments bedürfen immer der Unterschrift!

5.10.20 - Rechtsanwältin Petra Rost

Das OLG Köln hat am 22.07.2020 (2 Wx 131/20) entschieden, dass zwar Änderungen eines Testaments grundsätzlich auch auf der Kopie des eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments vorgenommen werden können, auch diese müssen jedoch mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sein. Hintergrund war: Die Erblasserin hatte zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Erbvertrag geschlossen, mit dem sie sich gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben einsetzten. Nach dem Tod ihres Ehemannes verfasste sie außerdem ein handschriftliches Testament mit verschiedenen Regelungen zugunsten ihrer Söhne. Dieses Testament wurde im Original in einem Bankschließfach verwahrt, während sie in ihrer Wohnung Kopien aufbewahrte. Auf einer der Kopien nahm sie zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen vor. Die erste Änderung versah sie mit Datum und Unterschrift, bei der zweiten Änderung fehlt eine Unterschrift. Nach dem Tod der Erblasserin berief sich einer der beiden Söhne darauf, entsprechend der beiden vorgenommenen Änderungen Alleinerbe geworden zu sein und beantragte die Erteilung eines Alleinerbscheins. Dem trat der andere Sohn mit der Begründung entgegen, dass die zweite Änderung, mit der er auf den Pflichtteil beschränkt werden sollte, mangels Unterschrift unwirksam sei. Das OLG...

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Kreative Ausreden der Fluggesellschaften bei Schadensersatz

29.06.20 - Rechtsanwalt Alexander Lamczyk

Fluggäste kennen mittlerweile dank vieler Internetportale Ihre Rechte sehr genau. Hierzu zählen natürlich auch die Ausgleichsansprüche bei Flugverspätungen. Hin und wieder führen Fluggesellschaften zur Anspruchsabwehr kreativ anmutende Argumente an, um sich vor der berechtigten Zahlung zu drücken. Im Gesetz steht, das grundsätzlich jeder zahlende Fluggast einen Anspruch auf die Entschädigung hat. Im vorliegenden Fall des AG Hannover zahlten die Eltern für ihr nicht ganz einjähriges Kleinkind immerhin noch einen Betrag von 15 EUR. Die Fluggesellschaft meinte nun, weil dieser Betrag auf der  Buchungsbestätigung neben den Angaben zum Hin- und Rückflug in der weiteren Auflistung, unter der sich neben den Gepäckstücken und der Verpflegung auch der Eintrag “1x Kleinkind(er)” findet, keine Zahlung leisten zu müssen. Die gezahlten 15 EUR wären eine bloße Verwaltungsgebühr. Zudem hätten ja Kleinkinder keinen Sitzplatzanspruch. Allerdings stand in den Fluginformationen ausgerechnet unter der Überschrift “Kinderermäßigung”, dass Kleinkinder im Alter von 0 bis einschließlich 1 Jahr 15 EUR pro Flugstrecke zahlen. Diesen Aspekt griff das Amtsgericht auf und fragte nach, was denn nach Meinung der Fluggesellschaft ermäßigt werden kann, außer der Flugpreis.  Eine einleuchtende Antwort blieb die Fluggesellschaft...

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Risiko E-Zigarette am Arbeitsplatz

9.03.20 - Rechtsanwalt Alexander Lamczyk

Das klassisches Rauchen schädlich ist, belegen zahlreiche Studien. In Mode gekommen sindalternativ sog. E-Zigaretten, die angeblich nicht so schädlich sein sollen. Jedoch birgt neue Technik häufig auch neue Gefahren, wie ein aktueller Fall zeigt.  Wer Akkus von E-Zigaretten in der Hosentasche mit sicht führt, riskiert nicht nur erhebliche Verbennungen bei einer Explosion, sondern auch den Versicherungsschutz am Arbeitsplatz. Eine Arbeitnehmerin war mit dem Aufschließen der Türen im Unternehmen betraut. Als sie den Schlüssel zurück in ihre Hosentasche steckte, gab es dort einen Kurzschluss mit dem Li-Ionen Akku, der deshalb extreme Temperaturen entwickelte und anfing, zu brennen. Die Arbeitnehmerin beantragte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie sich die Verbrennungen an der Arbeit zuzog. Das allein reicht für die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung aber nicht aus. Maßgeblich ist nämlich nicht, dass sich eine Unfall zufällig an der Arbeit ereignet hat, es muss sich vielmehr gerade der Unfall als typisches Risiko eines Arbeitsvorganges realisiert haben. Wenn aber schon das Rauschen zum Privatvergnügen zählt, dann auch das Mitsichführen eines Akkus für die E-Zigarette. zur Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15. Oktober 2019 Az.:...

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Alkoholisierter Autofahrer wird zu hohem Schmerzensgeld für schwer verletzten Beifahrer verurteilt

19.02.20 - Rechtsanwältin Petra Rost

Das LG Frankenthal hat mit Urteil vom 10.01.2020 Aktenzeichen: 4 O 494/15 ( Quelle: juris Logo) einen betrunkener Fahrer zu 400.000 Euro Schmerzensgeld für das Unfallopfer verurteilt. Dabei handelt es sich für die Verhältnisse in Deutschland um ein auffallend hohes Schmerzensgeld. Der Kläger war als Beifahrer im Fahrzeug des betrunkenen Fahrers schwer verletzt (querschnittsgelähmt) worden. Dieser war gegen 4:00 Uhr nachts mit 1,1‰ Blutalkoholgehalt unterwegs, als er mit seinem Fahrzeug von der Straße abkam. Nach Auffassung des Landgerichts war der Kläger – entgegen der Behauptung der beklagten Versicherung und nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens – angeschnallt. Ebenso wenig konnte nach Auffassung des Landgerichts nach der Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen nachgewiesen werden, dass der Beifahrer bei Antritt der Fahrt erkannt hatte, dass der Fahrer alkoholisiert war. Für das Landgericht habe zwar festgestanden, dass die Beteiligten sich zu Beginn des Abends zum gemeinsamen “Vorglühen” getroffen hätten. Es habe sich jedoch nicht aufklären lassen, ob die Beteiligten auch den weiteren Abend zusammen verbracht und Alkohol getrunken hätten. Nachdem der Kläger inzwischen auch psychisch erheblich unter den Unfallfolgen leide und in einem Pflegeheim...

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