
Fahndungsausschreibung nach Pkw rechtfertigt Rücktritt
18.01.17 - Rechtsanwalt Alexander LamczykWer ein zur Fahndung im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschriebenes Fahrzeug erwirbt, kann vom Kaufvertrag zurücktreten. Das gilt nach Auffassung der Bundesrichter selbst dann, wenn der Käufer tatsächlich über den sog. “gutgläubigen Erwerb” Eigentümer mit deutschen Papieren wurde. Beim Schengener Informationssystem handelt es sich um eine umfangreiche Datenbank, die unter anderem Informationen über gestohlene oder vermisste Fahrzeuge enthält. Der Hauptzweck der Datenbank ist – vor dem Hintergrund grundsätzlich weggefallener Grenzkontrollen an den Binnengrenzen – die Sicherstellung eines hohen Maßes an Sicherheit innerhalb der Schengen-Staaten, indem den zuständigen nationalen Behörden, wie Polizei und Grenzschutz, gestattet wird, Ausschreibungen zu Personen und Gegenständen einzugeben und abzufragen. Grundlage für die Entscheidung war der gesetzliche Haftungsmaßstab des Verkäufers, der nicht nur die Sache ohne Sachmängel sondern insbesondere auch ohne Rechtmangel übergeben muss. Denn eine solche Eintragung ist für den Käufer mit der konkreten, im gesamten Schengen-Raum bestehenden Gefahr verbunden, dass bei der Zulassung des Fahrzeugs oder einer Halteränderung oder einer polizeilichen Kontrolle die Eintragung festgestellt und ihm das Fahrzeug daraufhin auf unbestimmte Zeit entzogen wird. Der Käufer liefe andernfalls Gefahr, sein Fahrzeug nur mit enormen Aufwand zurückzuerhalten....
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Versteckte Preiserhöhung rechtswidrig
16.12.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseVersteckt ein Unternehmen – hier ein Gaslieferant – in einer sehr langen E-Mail an einen Kunden eine Preiserhöhung, so ist dies wettbewerbswidrig. Nach Auffassung des Gerichts sei die E-Mail offensichtlich in der Absicht verfasst, dem Empfänger von Beginn an den Glauben zu vermitteln, dass es ausschließlich um allgemeine Informationen gehe. Dass auch das Vertragsverhältnis betroffen ist, namentlich eine Erhöhung der Tarife vorgenommen werden soll, sei für den Empfänger nicht ersichtlich. Der Energielieferant hat somit gegen das Verbraucherschutzrecht verstoßen. In den E-Mails wurde nicht in transparenter und verständlicher Weise über die beabsichtigte Tarifänderung informiert. Auch auf das daraus resultierende Kündigungsrecht wurde nicht ordnungsgemäß hingewiesen. Also kann sich das Unternehmen nicht auf die derartig vorgenommene Preiserhöhung berufen. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.10.2016, Az.: I-20 U 37/16
Neuerungen in der Pflegeversicherung
7.12.16 - Rechtsanwältin Petra RostAb Januar 2017 greifen mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz grundlegende Neuerungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Diese treffen vor allem Menschen, die ab Januar 2017 erstmals einen entsprechenden Antrag stellen. Für diejenigen, die bereits als pflegebedürftig anerkannt sind und ambulant oder stationär versorgt werden, ändert sich wenig. Ihnen soll es durch die Reform nicht schlechter gehen, sie erhalten ab 2017 teilweise sogar mehr Leistungen als bisher. Statt drei Pflegestufen gibt es fünf Pflegegrade. Wer bereits eine Pflegestufe hat, dem teilt die Pflegeversicherung ab Januar 2017 automatisch einen Pflegegrad zu und zwar den nächsthöheren. Pflegebedürftige mit einer anerkannten Demenz und Pflegestufe werden ab Januar 2017 zwei Pflegegrade höher eingestuft. Dies gilt auch für dauerhaft psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen. Die Pflegebedürftigkeit eines Menschen wird ab 2017 anders ermittelt. Den Gutachtern steht hierfür ein neues System aus 64 Kriterien und sechs Modulen zur Verfügung. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird neu gefasst. Zukünftig gilt: Je unselbstständiger der Pflegebedürftige, desto höher der Pflegegrad, desto mehr Leistungen erhält man aus der Pflegekasse. Die Reform der Pflege setzt den Schwerpunkt auf Prävention und ambulante Pflege. Wer ab...
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Kündigung unzulässig!
11.11.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseBausparkassen haben nicht das Recht, zuteilungsreife Altverträge zu kündigen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe am 08.11.2016 entschieden. Im dem aktuell verhandelten Fall hatte ein Ehepaar geklagt, welches bereits 1991 einen Bausparvertrag über Summe von damals 23.000 DM abgeschlossen hatte. Seit 202 war der Bausparvertrag schon zuteilungsreif. Jedoch wurde das Darlehen von den Klägern nicht abgerufen. Das Guthaben wurde entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5 Prozent verzinst. Das missfiel wohl der Bausparkasse. Im Jahr 2015 kündigte sie den Vertrag. Dem Urteil des OLG zufolge können Bausparkassen Verträge nur nach einer vollständigen Ansparung der Bausparsumme kündigen. Das OLG begründete seine Auffassung wie folgt: in der Ansparphase sei die Bausparkasse rechtlich eine “Darlehensnehmerin, die das Darlehen noch nicht vollständig empfangen” habe. Vollständig empfangen habe die Bausparkasse das Darlehen erst, wenn die Bausparsumme erreicht sei – nicht bereits, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif sei. Daher besteht vorher kein Kündigungsrecht. Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil vom 08.11.2016 Az. 17 U 185/15
Regelbedarfe werden erhöht
31.10.16 - Rechtsanwältin Petra RostAb dem 01.01.2017 sollen die Regelbedarfe im SGB II und SGB XII angehoben werden. Das sieht der Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/9984 – PDF, 4,8 MB) der Bundesregierung zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des SGB II und SGB XII vor, den der Bundestag 21.10.2016 in erster Lesung berät. Die Regelbarfe legen die Höhe der Sozialleistungen für erwerbsfähige Leistungsberechtigte in der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) und für Nichterwerbsfähige, Menschen mit Behinderungen und über 65-Jährige (SGB XII) fest. Die Neufestlegung muss alle fünf Jahre erfolgen, wenn neue Daten über das Ausgabeverhalten der Haushalte in Deutschland vorliegen. Für einen alleinstehenden Erwachsenen soll der Regelsatz um fünf Euro auf 409 Euro pro Monat steigen. Für Kinder bis zum 13. Lebensjahr soll er am deutlichsten, nämlich um 21 Euro auf 291 Euro monatlich steigen. Jugendliche ab 14 Jahre erhalten fünf Euro mehr (311 Euro). Für zwei erwachsene Leistungsempfänger in einer Wohnung soll der Regelsatz um vier Euro auf 368 Euro pro Person und Monat steigen. Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 600 v. 18.10.2016
Mehr Rechte für Verbraucher
19.10.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDer Bundesgerichtshof hat jüngst aufgrund europäischer Vorgaben seine Rechtsprechung bezüglich von Mängeln zugunsten von Verbrauchern geändert. Bislang musste der Verbraucher auch bei dem Auftreten eines Mangels innerhalb von 6 Monaten nach Erhalt der Ware beweisen, dass der Defekt nicht auf einem Bedienfehler oder das ein Mangel vorlag; nach mittlerweile überholter Auffassung wurde nur das Vorhandensein in zeitlicher Hinsicht vermutet. Die Richter beim EuGH urteilten in einem anderen Fall aber verbraucherfreundlicher: Der Verbraucher muss weder den Grund der Vertragswidrigkeit, noch den Umstand beweisen, dass deren Ursprung dem Verkäufer zuzurechnen ist. Der Bundesgerichtshof lässt nunmehr die im Gesetz vorgesehene Vermutungswirkung bereits dann eingreifen, wenn dem Käufer der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine “Mangelerscheinung”) gezeigt hat, der – unterstellt er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer fortan weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Die Vermutungswirkung kommt dem Verbraucher fortan auch dahin zugute,...
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Den Nachlass zu Lebzeiten geschickt verteilen
12.09.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykWer seinen Nachlass bereits zu Lebzeiten gezielt verteilen und seinen Wahlerben vor potentiellen Pflichtteilsansprüchen bewahren möchte, sollte bei lebzeitigen Schenkungen die jüngere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Immobilien nicht unbeachtet lassen. Häufig werden zu Lebzeiten die selbstbewohnten Immobilien an einen Abkömmling übertragen. Prinzipiell werden aber alle lebzeitigen Schenkungen der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall fiktiv und prozentual dem Nachlassvermögen hinzugerechnet. Die Pflichtteilsberechtigten haben dann häufig einen Anspruch auf sog. Ergänzung des eigentlichen Pflichtteils, d.h. man wird so gestellt, als wäre der Gegenstand nicht verschenkt worden und befände sich noch im Nachlass. Wer hier Fehler macht, setzt seinen Erben mitunter ungewollten Ansprüchen aus. Im entschiedenen Fall hatte der spätere Erblasser mehr als 10 Jahre vor seinem Tod die Immobilie an seine Ehefrau schenkweise übertragen und sich selbst das lebenslange Wohnrecht an einer Wohnung sowie ein Mitbenutzungsrecht am Garten und der Garage vorbehalten. Der enterbte Sohn beanspruchte nunmehr von seiner Mutter die Pflichtteilergänzung, weil der Vater die Immobilie ja noch nicht voll übertragen hätte. Der Wert der Immobilie müsse dem Nachlass zu 100% hinzugerechnet werden. Im vorliegenden Fall verneinten das aber alle...
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Schummeleien auf eBay können teuer werden
25.08.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykNach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs laufen Preistreiber auf der Internetplattform eBay Gefahr, für die Schummelei teuer einstehen zu müssen. Wer die eigenen Angebote entweder selbst oder von Dritten künstlich hochtreiben lässt, muss nach einer Aufedckung damit rechnen, dass das älteste gültige Gebot eines tatsächlichen Interessenten zählt. Wer sich dann weigert zu liefern oder die Sache anderweitig verkauft, muss als Schadensersatz den Marktwert abzüglich Kaufpreis zahlen. Im entschiedenen Fall stellte Verkäufer seinen Gebrauchtwagen zu dem Startpreis von 1,00 EUR auf eBay ein. Der spätere Kläger bot 1,50 EUR, wobei dann abwechselnd Verkäufer und Käufer bis 17.000,00 EUR boten. Das ganze kam raus, weshalb der Käufer den Wagen für 1,50 EUR haben wollte. Zu diesem Preis wollte der Schummler aber nicht und verkaufte das Fahrzeug anderweitig. So nicht, urteilen die Richter und verurteilten den Verkäufer zur Zahlung von 16.500,00 EUR. Das weitere Argument des sittenwidrig niedrigen Preises ließen die Richter zum wiederholten Mal nicht gelten. Wer teure Waren zum Startpreis von 1,00 EUR einstellt und keine Mindestpreise festlegt, trägt das Risiko des geringen Verkaufspreises selbst. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. August 2016...
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Audi-Manipulationssoftware
24.08.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDas LG Düsseldorf (Urteil vom 23.08.2016 – 6 O 413/15) hat entschieden, dass der Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Audi A4 Avant keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises hat, wenn er dem Autohaus keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Dies gilt insbesondere, wenn das Autohaus von sich aus eine technische Nachbesserung angeboten hat. Dabei hat das Gericht es ausdrücklich offen gelassen, ob das Fahrzeug wegen einer solchen Software einen Mangel aufweist. Das Recht des Verkäufers zur Nacherfüllung sei vorliegend auch nicht wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels ausgeschlossen. Denn der Kaufvertrag sei im Jahr 2012 geschlossen worden und das Autohaus habe erst im September 2015 von der sogenannten Manipulationssoftware im Audi A 4 Avant gehört. Auch müsse sich das Autohaus als selbstständiger Audi-Vertragshändler nicht ein mögliches früheres Wissen der Audi AG zurechnen lassen. Der Autokäufer habe schließlich nicht vom Vertrag zurücktreten dürfen, weil die Nachbesserung der Motorsoftware einige Zeit dauere. Denn eine flächendeckende Rückrufaktion benötige Zeit, womit auch das Kraftfahrtbundesamt einverstanden sei. Gegen das Urteil kann Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt werden. Quelle: Pressemitteilung des LG Düsseldorf v. 23.08.2016
Kündigung von Dating-Diensten durch BGH-Entscheidung erleichtert
8.08.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Bundesverband der Verbraucherzentralen ist gerichtlich gegen Kostenfallen bei Online-Partnerbörsen vorgegangen. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: Reine Onlinedienste dürfen nicht auf einer Kündigung per Brief bestehen, eine entsprechende E-Mail muss normalerweise ausreichen. Im aktuellen Fall ging es um das Portal Elitepartner. Nach den ursprünglich geltenden Geschäftsbedingungen mussten VIP- oder Premium-Mitglieder eine Kündigung des kostenpflichtigen Dienstes in “Schriftform” mitteilen, also mit eigenhändiger Unterschrift, zu übermitteln per Post oder Fax. Die Kündigung durch eine einfache Mail war hingegen unzulässig denn in den Geschäftsbedingungen hieß es: “die elektronische Form ist ausgeschlossen“. Die Verbraucherzentrale wie auch der BGH sahen darin eine einseitige Benachteiligung der Kunden, weil die Partnervermittlung ansonsten komplett online abgewickelt werde, vom Vertragsschluss bis zur Abwicklung, der Kunde jedoch bei der Kündigung ein selbst unterschriebenes Schriftstück abschicken müsse. Urteil des BGH vom 14.07.2016 zu Az: III ZR 387/15