
Bauunternehmer müssen auf widersprüchliche Vorgaben des Bauherrn hinweisen!
11.06.19 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornBauunternehmer müssen auf widersprüchliche Vorgaben des Bauherrn hinweisen. Dies entschied das OLG Schleswig mit Urteil vom 10.08.2017 (7 U 120/15). Was war geschehen? Der Bauherr beauftragte den Unternehmer mit dem Aushub einer Baugrube für ein Cafe. Nach einer übergebenen Bauzeichnung sollte die Kelleroberkante ebenerdig abschließen. Der Bauleiter des Bauherrn gab jedoch die Baugrubentiefe falsch vor. Der Bauherr ließ den Keller dennoch fertig stellen und begann mit der Aufmauerung des Erdgeschosses. Nun verlangte er Schadensersatz gegen den Bauunternehmer für Abriss und Neubau des Kellers. Das Oberlandesgericht Schleswig stellte folgende Grundsätze auf: 1. Kann der Bauunternehmer erkennen, dass eine Vorgabe des Bauherrn im Widerspruch zu einer übergebenen Bauzeichnung steht, muss er auf den Widerspruch hinweisen. 2. Lässt der Bauherr trotz offensichtlichen Widerspruchs zu den genehmigten Bauplänen weiterbauen, trifft ihn ein Mietverschulden. 3. Wegen des Mitverschuldens sind nur Kosten zu ersetzen, die auch entstanden wären, wenn der Bau nach offensichtlichem Bestehen des Widerspruchs zu den Bauplänen gestoppt worden wäre. OLG Schleswig, Urt.v.10.08.2017, 7 U 120/15, IBR, 2019, 305
Keine Verjährung ohne Schlussrechnung
8.05.19 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornKeine Verjährung ohne Schlussrechnung beim VOB- Bauvertrag. So entschied das OLG Hamburg (Urt.v.20.12.2018- 4 U 80/18)- Der Auftragnehmer führte im Jahr 2012 Maurerarbeiten aus. In seinem Angebot verwies er auf die Getlung der VOB/B. Die Schlussrechnung stellte der Auftragnehmer im Jahr 2015, nachdem die Leistung im Jahr 2012 abgenommen worden ist. Im Mai 2017 erhebte der Auftragnehmer Zahlungsklage auf restliche Vergütung. Ist die Werklohnforderung verjährt? Nein, so das Oberlandesgericht Hamburg. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist das Entstehen der Forderung. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Forderung fällig wird. Im BGB-Werkvertrag wird die Forderung mit Abnahme fällig. Unter Geltung der VOB/B ist die Fälligkeit dagegen von zwei Voraussetzungen abhängig und zwar der Abnahme und der prüffähigen Schlussrechnung. Da die Schlussrechnung im hiesigen Fall erst im Jahr 2015 erstellt worden ist, konnte Verjährung erst am 31.12.2018 eintreten. Der Einwand des Auftraggebers, § 16 Abs.3 VOB/B sei als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam und gelte nicht, geht nach Auffassung des Gerichts ins Leere. “Es stellt keine unangemessene Benachteiligung dar, dass die Fälligkeit von der Schlussrechnung abhängt und der Auftragnehmer doe...
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In welchem Verhältnis haften eigentlich Planer und Bauunternehmer für planungsbedingte Baumängel?
20.03.19 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornEine Frage, die sich alle Beteiligten am Bauvorhaben stellen müssen. Hierzu stellte das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteil vom 31.07.2018 – 10 U 150/17) folgende Leitsätze auf: Ein Gesamtschuldverhältnis entsteht zwischen einem Architekten und einem Bauunternehmer, wenn beide zum Entstehen eines Mangels am Bauwerk beigetragen haben. Auf welche Weise der Mangel beseitigt wird, ist für das Entstehen einer Gesamtschuld unerheblich. Beim Gesamtschuldner-Innenausgleich zwischen einem Architekten und einem Bauunternehmer richtet sich die Höhe nach den jeweiligen Verursachungsbeiträgen beider Gesamtschuldner, wobei jeweils diejenige Partei, die eine überwiegende Verursachung eines Mangels am Bauwerk durch die andere Partei behauptet, einen über den jeweiligen Kopfteil hinausgehenden Verursachungsanteil des anderen Gesamtschuldners zu beweisen hat. Ein planerisches Mitverschulden ist im Gesamtschuldnerausgleich (nur dann) zu berücksichtigen, wenn der Unternehmer das planerische Mitverschulden gegenüber dem Bauherrn nicht mit Erfolg eingewendet hat. Im Verhältnis zwischen einem planenden und/oder überwachenden Architekten und einem Bauunternehmer gibt es keine Vermutung für ein Übergewicht eines bestimmten Verursachungsanteils (Planungsverschulden, Überwachungsverschulden oder Ausführungsverschulden). Vielmehr hat die Gewichtung der Haftungs- und Verantwortungsanteile unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls individuell zu erfolgen. Die Festlegung der Haftungsverteilungsquote und...
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Unzulässige Verjährungseinrede bei jahrzehntelangen Verhandlungen über Baumängel
8.02.19 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornWer jahrelang über Mängel verhandelt, kann sich nicht auf Verjährung berufen! Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.12.2018 – 29 U 123/17). Errichtet eine städtische Tochtergesellschaft eine Reihenhaussiedlung und verhandelt jahrzehntelang mit den Hauseigentümern über Mängel, verstößt die Erhebung der Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben.
Benötigt jede Treppe ein Geländer oder einen Handlauf?
16.01.19 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornGrundsätzlich nicht! So jedenfalls nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz (Urt.v.05.07.2018 – 1 U 1069/17). Die Geschädigte war auf dem Weg zum Dorfgemeinschaftshaus gestürzt, als sie eine Treppe hinuntergehen wollte. Die Treppe ist Bestandteil eines öffentlichen Fußweges und war zum Zeitpunkt des Sturzes weder mit einem Treppengeländer noch mit einem Handlauf gesichert. Das Landgericht hatte sich zunächst der Einschätzung der Klägerin, dass ein Handlauf zwingend anzubringen gewesen wäre, angeschlossen und der Klage auf Schadensersatz in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung verwies das gericht auf die Landesbauordnung. Das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung wieder auf. “Die Regelungen der Landesbauordnung seien im konkreten Fall nicht einschlägig, da die Treppe Teil eines öffentlichen Weges und damit vom Anwendungsbereich der Landesbauordnung ausgenommen sei. Dies folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 LBauO, wonach die Vorschriften der Landesbauordnung nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs gelten. Damit sei allein entscheidend, ob nach dem bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit öffentlicher Wege und Straßen generell anzulegende Maßstab die Treppe verkehrssicher gewesen sei. Danach müsse nur vor solchen Gefahren geschützt werden, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht...
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Holzwurm im Gebälk
7.12.18 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornEin erheblicher Schädlingsbefall in den Balken eines Gebäudes kann einen Mangel darstellen, der zum Rücktritt berechtigt. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig (Az. 9 U 51/17) entschieden. Der Kläger kaufte ein Fachwerkhaus, das einen massiven Insekten- und Pilzbefall aufwies. Er begehrte vom Verkäufer Rückerstattung des Kaufpreises bei Rückübertragung des Grundstücks – trotz des zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschlusses. Über den Schädlingsbefall hatte der Verkäufer den Käufer vor dem Vertragsschluss nicht aufgeklärt, hätte dies aber ohne Nachfrage des Käufers tun müssen, so das Gericht. “Ein massiver Schädlingsbefall sei ein Umstand, der für den Entschluss eines Käufers, das Haus zu erwerben, von Bedeutung sei. Auch der zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss lasse den Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises nicht entfallen”. Auf einen Gewährleistungsausschluss kann sich ein Verkäufer nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Das setzt voraus, dass der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält. Dies war hier der Fall. Der Verkäufer hatte seinerzeit umfangreiche Arbeiten an der Fassade des Gebäudes vorgenommen und die Fachwerkbalken nach Verfüllung der Risse gestrichen. Anlass für diese Arbeiten war...
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neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu fiktiven Mängelbeseitigungskosten
27.06.18 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornDer Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22.02.2018 seine Rechtsprechung hinsichtlich der Ersatzfähigkeit fiktiver Mängelbeseitigungskosten geändert. Das bedeutet, dass grundsätzlich keine fiktiven Schadenskosten mehr geltend gemacht werden können. Nach der bislang praktizierten Rechtsprechung waren Auftraggeber berechtigt, ihren Schaden auf Basis der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu bemessen. So konnten Auftraggeber abweichend von § 249 BGB verlangen, dass der Schaden mit dem für die Mangelbeseitigung erforderlichen Geldbetrag abgegolten werde. Ob Auftraggeber den zur Verfügung gestellten Betrag tatsächlich zur Mängelbeseitigung verwenden oder nicht, sei unerheblich. Diese Rechtsprechung gehöre nun wohl der Vergangeheit an. Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung aus, dass ein Auftraggeber, der keine Aufwendungen zur Mängelbeseitigung tätigt, sondern diese nur “fiktiv” ermittelt, grundsätzlich keinen Vermögensschaden in Form und in Höhe dieser fiktiven Aufwendungen hat. Er muss den Mangel grundsätzlich beseitigen und die Kosten hierfür ausgleichen, um einen Vermögensschaden entstehen zu lassen. Von diesem Grundsatz nicht umfasst sind nach richtiger Ansicht des Bundesgerichtshofs sogenannte Kostenvorschussansprüche des Auftraggebers. Will dieser nicht vorfinanzieren, kann er auf einen Vorschuss klagen. Der Unterschied zum reinen Schadensersatzanspruch besteht unter anderem darin, dass der Kostenvorschuss zur Beseitigung des Mangels eingesetzt...
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Neues Bauvertragsrecht zum 01.01.2018
29.12.17 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornAb 01.01.2018 tritt das neue Bauvertragsrecht in Kraft. Durch das “Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts” soll ab 01.01.2018 für mehr Verbraucherschutz bei Bauvorhaben gesorgt werden. Damit finden die Besonderheiten eines Bauvertrages endlich einen gesetzlichen Rahmen im Bürgerlichen Gesetzbuch, da bisher lediglich das allgemeine Werkvertragsrecht zur Anwendung kam. Neben den allgemeinen Werkverträgen wird es ein gesondertes Kapitel zum (Verbraucher-) Bauvertrag, aber auch gesonderte Abschnitte mit speziellen Regelungen zum Architekten- und Ingenieurvertrag sowie zum Bauträgervertrag geben. Die Regelungen gelten dann für alle Verträge, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen werden. Für Verträge, die vorher geschlossen worden sind, gilt die bisherige Rechtslage.
Dashcam-Bilder dürfen im Zivilprozess verwendet werden
14.09.17 - Rechtsanwältin Petra RostDas OLG Nürnberg hat entschieden, das Bilder von Armaturenbrett-Kameras, sogenannten Dashcams, zur Beweisführung nach Verkehrsunfällen im Zivilprozess verwendet werden dürfen. Durch die Aufzeichnung werde nicht in die Intims- oder Privatsphäre anderer Verkehrsteilnehmer eingegriffen. Zu diesem Ergebnis kommt das Oberlandesgericht Nürnberg in einem jetzt veröffentlichten Hinweisbeschluss vom 10.08.2017, mit dem es ein Urteil des Landgerichts Regensburg bestätigte (Az.: 13 U 851/17).
Radwegnutzung in falscher Richtung
1.09.17 - Rechtsanwalt Alexander HeinzKollidiert ein Radfahrer, der einen Radweg entgegen der Fahrtrichtung befährt, mit einem wartepflichtigen Pkw, ist eine Eigenhaftung des Radfahrers von 1/3 gerechtfertigt. Dies hat das OLG Hamm mit Urteil vom 04.08.2017 (Az.: 9 U 173/16) entschieden. Durch das Befahren des kombinierten Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung verliert der Radfahrer zwar nicht das Vorfahrtsrecht. Die verbotswidrige Nutzung führt jedoch zu einem Mitverschulden, welches das Gericht im konkreten Fall mit 33 % wertete. zur Pressemitteilung beim OLG Hamm