
Lkw Fahrer ohne Lkw sozialversicherungspflichtig
18.08.17 - Rechtsanwalt Alexander LamczykSowohl freischaffende Lkw Fahrer ohne eigenen Lkw als auch deren Auftraggeber müssen nach einer aktuellen Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart zukünfitg aufpassen. Letztlich folgte das Gericht den Argumenten der Sozialversicherungsstelle. Besonderes Augenmerk sollte in solchen Konstellationen auf die näheren Umstände gelegt werden. Hat der selbständige Fahrer nämlich keinen eigenen Lkw und nutzt den vom Auftraggeber zur Verfüung gestellten, liegt nämlich eine abhängige Beschäftigung vor. Der Lkw-Fahrer nutzt keine eigenen Betriebsmittel und trägt folglich auch kein typisches Unternehmerrisiko wie Ein-Personen-Fuhrunternehmen. Als Unternehmer selbständig tätig ist man nur, wenn man neben seiner Arbeitskraft zugleich einen nennenswerten Einsatz an Sachmitteln anbietet. Beschränkt sich der Einsatz auf die reine Arbeitskraft, wie dies jeder abhängig Beschäftigte tue, liegt keine Selbständigkeit vor. Folge ist die Sozialversicherungsplficht. Es drohen erhebeliche Nachforderungen im unteren 5-stelligen Bereich gegenüber dem Auftraggeber bis zu vier Jahre rückwirkend.
BGH: Neues zur „Ohne-Rechnung-Abrede“
27.03.17 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseAuch wenn die Parteien eines Werkvertrages erst nachträglich vereinbaren, dass der Werklohn oder ein Teil davon „schwarz“ gezahlt werden soll, ist der Werkvertrag nichtig. Dadurch bestehen weder Gewährleistungs- noch Rückzahlungsansprüche. Der BGH hatte kürzlich folgenden Fall zu entscheiden: Der Auftraggeber von Teppich-Verlegearbeiten verlangt die Rückzahlung des von ihm gezahlten Werklohns. Er hatte mangehafter Ausführung der Arbeiten den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Zunächst hatten die Parteien einen Werklohn von rund 16.200 EUR vereinbart. Später erfolgte die Absprache, dass nur über 8.600 EUR eine Rechnung gestellt werden und ein weiterer Betrag ohne Rechnungslegung in bar gezahlt werden soll. Der BGH entschied jedoch, dass der Auftraggeber keinerlei Rückzahlung verlangen kann, weil der Vertrag wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) nichtig ist. Die BGH-Rechtsprechung sah auch bisher schon vor, dass ein Werkvertrag bei einer (auch nur teilweisen) „Ohne-Rechnung-Abrede“ nichtig ist, wenn die Parteien bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Es bestehen in diesem Fall keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien: weder Mängel- oder Rückzahlungsansprüche des Bestellers, noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers. Nun steht fest, dass dies ebenfalls gilt, wenn ein ursprünglich nicht...
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Schenken leicht gemacht
20.02.17 - Rechtsanwalt Alexander LamczykSchenkungen sind nur bis zu bestimmten Freibeträgen steuerlich freigestellt. Je nach Verwandschaftsgrad oder famililärer Verbundenheit zwischen Schenker und Beschenktem trägt der Staat bei der Bemessung der Schenkungssteuer diesem Umstand Rechnung. Schenkungen von einem Elternteil an ein Kind sind bis zum Betrag von 400.000 EUR steuerfrei möglich. Das Hessische Finanzgericht in Kassel hat nunmher eine Sonderkonstellation zugunsten des schenkenden Vaters entschieden. Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine leibliche Tochter greift bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 Euro auch dann ein, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig der rechtliche Vater ist. Das Finanzamt legte zunächst die ungünstige Steuerklasse III zugrunde und begründete diese Annahme mit zivilrechtlichen Erwägungen. Die beschenkte Tochter sei während der Ehe der Mutter mit deren Ehegatten geboren worden, weshalb kraft Gesetzes eine sog. rechtliche Vaterschaft zu diesem Ehegatten besteht. Es spiele daher keine Rolle, dass der Schenker der biologische Vater ist. Dieser Einschränkung folgten die Richter nicht und setzten rein steuerlich die biologische Abstammung einem rechtlichen Kind-Eltern-Verhältnis gleich. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Abschließend wird sich der Bundesfinanzhof in...
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Testamentskopie kann ausreichen!
6.02.17 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer (unfreiwillige) Verlust einer Testamentsurkunde führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit des Testaments. Ein Verlust des Originals stellt noch keine Vernichtung der Urkunde dar. Das Oberlandesgericht Köln stellte kürzlich fest, dass im Einzelfall auch eine Kopie eines Testaments als Erbnachweis dient. Dem Beschluss des OLG Köln lag folgender Fall zugrunde: Ein Ehepaar hatte gleich mehrere verschiedene Verfügungen für den Todesfall erlassen. In einem gemeinschaftlichen notariellen Testament hatten sie sich zunächst als gegenseitige Alleinerben eingesetzt und eine gemeinnützige Organisation zum Schlusserben benannt. Nachdem der Ehemann verstarb, errichtete die Frau jedoch ein neues notarielles Testament, in welchem sie ihren Enkel zum Alleinerben einsetzte. Nach dem Tod der Frau beantragten nun die gemeinnützige Organisation und der Enkel der Verstorbenen den Erbschein. Letzterer konnte jedoch nicht das ihn begünstigende Originaltestament vorlegen, sondern nur eine Kopie davon. Vor dem OLG Köln hatte er dennoch Erfolg. Nach dessen Auffassung hatte der Enkel sich auf ein unauffindbares Testament berufen. Dass dieses formgültig errichtet wurde, habe er mit der Kopie nachgewiesen. Beschluss des OLG Köln vom 02.12.2016 zu Az. 2 Wx 550/16
Haftung der Zuschauer eines Fußballspiels für ihr störendes Verhalten
23.01.17 - Rechtsanwältin Susan WittigWirft ein Zuschauer eines Fußballspiels einen gezündeten Sprengkörper auf einen anderen Teil der Tribüne, kann er vertraglich auf Schadensersatz für eine dem Verein auferlegte Geldstrafe haften, so der BGH, Versäumnisurteil vom 22.9.2016 – VII ZR 14/16. Der Beklagte besuchte am 9.2.2014, mit einer Dauerkarte, die ihm ein Bekannter überließ, ein Fußballspiel der Klägerin. In der zweiten Spielhälfte zündete er einen Knallkörper, der sodann detonierte und sieben Menschen verletzte. Wegen dieses Vorfalls und vier vorangegangener ähnlicher Vorfälle aus anderen Spielen der Klägerin verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußballbundes e. V. (DFB) eine Verbandsstrafe in Höhe von 50.000 EUR, die die Klägerin bezahlte. Nun verlangte sie den Ersatz der Kosten. Der BGH hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch nach § 280 I BGB zugesprochen. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten sei ein Zuschauervertrag zustande gekommen, aus dem sich eine Rücksichtnahmepflicht des Zuschauers ergebe, den Vertragspartner gegen Verhängung von Verbandsstrafen zu schützen.
Guter Rutsch ist teuer?
6.01.17 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDie spätere Klägerin befuhr im Winter eine Kreisstraße. Nach einer Linkskurve kam sie infolge von Glatteisbildung ins Schleudern und prallte gegen eine Baumgruppe. Sie erhob Klage auf Schadenersatz und begründete dies damit, dass der Kreis seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, da er trotz des winterlichen Wetters und der Glätte im Bereich des Unfallortes nicht gestreut habe. Die Landkreise sind prinzipiell verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Straßen sicher sind. Dazu gehört auch das Streuen im Winter. Die Frage ist nur, wann und wo dies genau notwendig ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte diesen Fall letztendlich zu entscheiden. In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass der Verkehrssicherungspflichtige auf öffentlichen Kreisstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften nur an besonders gefährlichen Stellen streuen muss, um der Gefahr von Glatteisbildung vorzubeugen. Das sind Stellen, die von Verkehrsteilnehmern trotz erhöhter Sorgfalt und genauester Beobachtung nicht rechtzeitig als gefährlich wahrgenommen werden können. Eine solche Stelle war nach Meinung des OLG am Unfallort nicht gegeben. Die Klägerin blieb auf ihrem Schaden sitzen. Das Gericht begründete dies damit, dass ein umsichtiger Fahrer an der Unfallstelle bei winterlichen Temperaturen grundsätzlich mit Glätte durch...
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Flugausfälle bei TUIfly: Entschädigung bei Stornierung der Reise trotz massenhafter Krankmeldungen?
21.10.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Reiseveranstalter TUI hat vor rund zwei Wochen zahlreiche Kündigungen zu Reiseverträgen ausgesprochen, deren Flüge nicht durchgeführt werden können. TUI hat sich dabei auf die Rechtfertigung berufen, dass „höhere Gewalt“ zu den Ausfällen geführt habe. Zwar kann ein Reiseveranstalter wegen bei Vertragsschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt, die die Reise erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, den Reisevertrag gemäß § 651j BGB kündigen. Jedoch ist Grundvoraussetzung, dass tatsächlich ein Fall von höherer Gewalt der Grund für die Kündigung war. Höhere Gewalt wird in der Rechtsprechung als „ein von außen kommendes Ereignis, auf das die Vertragsparteien keinen Einfluss haben“, definiert. Da bei TUIfly jedoch massenhafte Krankmeldungen der Mitarbeiter zu den Flugausfällen führten, ist vorliegend auch kein Fall höherer Gewalt gegeben. In vielen Fällen lag die Stornierung wenige Tage oder sogar nur Stunden vor Reiseantritt. Zunächst haben die Reisenden aufgrund der Stornierung einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Reisepreises. Gemäß § 651 f Abs. 2 BGB kann der Reisende, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird, auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die kurzfristigen Stornierungen durch die TUI stellen...
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Nach BGH-Entscheidung: weiterhin teure Umbuchungen möglich!
3.10.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseReiseveranstalter können ihren Kunden auch zukünftig hohe Zusatzkosten in Rechnung stellen, wenn sie deren Pauschalreise auf einen Ersatz-Teilnehmer umbuchen. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) scheiterten zwei Kläger, die sich hiergegen wehren wollten. Zwar müssen Reiseveranstalter eine Übertragung der Reise auf Angehörige oder Bekannte grundsätzlich ermöglichen, wenn beispielsweise ein Reisender kurzfristig erkrankt. Aber der verhinderte Urlauber hat die „entstehenden Mehrkosten“ zu tragen. In den aktuellen Fällen ging es um Reisen nach Dubai bzw. Thailand, welche für zwei Personen 1400 Euro bzw. 2470 Euro kosteten. Als kurz vor Reiseantritt jeweils ein Teilnehmer erkrankte, wollten andere Personen einspringen. Die Veranstalter verlangten für die Umschreibungen der Flugtickets jedoch einen Aufpreis von 1500 Euro bzw. 1648 Euro. Sie begründeten dies damit, weil die Airlines ihnen entsprechende Kosten in Rechnung stellen wollten. Verbraucherschützer sehen hierin die Aushöhlung der Rechte der Reisenden. Der BGH sieht es jedoch wie folgt: Auch wenn derartige Mehrkosten insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn, wie er in den Streitfällen in Rede stand, wirtschaftlich unattraktiv machen können, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen. BGH, Urteile vom...
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Bonuszahlung der Krankenkasse und Steuer
23.09.16 - Rechtsanwältin Petra RostDer BFH hat (am 01.06.2016 Az: X R 17/15) entschieden, dass Bonuszahlungen der Krankenkasse den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge nicht mindern. Die Kläger hatten Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG geltend gemacht. Ihre Krankenkasse bot zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens ein Bonusprogramm an. In der streitgegenständlichen Bonusvariante gewährte sie den Versicherten, die bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen in Anspruch genommen hatten, einen Zuschuss von jährlich bis zu 150 Euro für Gesundheitsmaßnahmen, die von den Versicherten privat finanziert worden waren. Das Finanzamt sah in diesem Zuschuss eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und verrechnete ihn mit den in diesem Jahr gezahlten Beiträgen. Dementsprechend ging das Finanzamt davon aus, dass auch die abziehbaren Sonderausgaben entsprechend zu mindern seien. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben, da es sich nicht um die Erstattung von Beiträgen handele. Der BFH hat das Urteil des Finanzgerichts bestätigt und die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Mit diesem Urteil, das sich lediglich auf die Bonusvariante in Form einer Kostenerstattung bezieht, hat der BFH ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben v. 19.08.2013 – IV C...
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Aufforderung zur „unverzüglichen“ Mängelbeseitigung ist ausreichend
18.07.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer BGH hat mit seiner aktuellen Entscheidung die Rechte von Verbrauchern gestärkt, die ein mangelhaftes Produkt gekauft haben. In diesem Fall hatte ein Ehepaar eine teure – aber mangelhafte – Einbauküche erworben und den Verkäufer zu „einer schnellen Behebung“ der Mängel aufgefordert. Weil der Verkäufer dem nicht nachkam, klagte das Ehepaar auf Rückabwicklung. Der Erfolg blieb jedoch zunächst aus, da das Landgericht München entschied, dass die Kläger dem Küchenstudio eine “angemessene Frist von vier bis sechs Wochen” zur Nacherfüllung hätten setzen müssen. Der BGH hob dieses Urteil jedoch auf und entschied, dass es für eine Fristsetzung genügt, “wenn der Käufer durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen” deutlich macht, dass dem Verkäufer nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Die Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten Endtermins sei nicht nötig. BGH Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 49/15