
Pflicht des stillen Gesellschafters zur Weitererbringung seiner Rateneinlage nach Auflösung der Gesellschaft
23.08.17 - Rechtsanwältin Susan WittigMit Urteil vom 16.05.2017 hat der BGH, Az.: II ZR 284/15, entschieden: Kommt der ratenweise zu erbringenden Einlage eines atypisch stillen Gesellschafters einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen Eigenkapitalcharakter zu, ist der stille Gesellschafter bei Beendigung der Gesellschaft zur Zahlung seiner noch nicht erbrachten Einlageraten einschließlich der im Beendigungszeitpunkt noch nicht fälligen Raten jedenfalls zu den vertraglichen Fälligkeitsterminen verpflichtet, soweit seine Einlage zur Befriedigung der Gläubiger des Geschäftsinhabers benötigt wird. Die Pflicht zur Erbringung der Gesamteinlage kann entfallen, wenn der Gesellschafter erfolgreich bestreitet, dass die Einlage zur Befriedigung der Gläubiger des Geschäftsinhabers benötigt wird.
Akuter Handlungsbedarf für Unternehmen aus dem E-Commerce
17.05.17 - Rechtsanwältin Susan WittigOnline-Handel und Online-Streitbeilegung (OS) – Schon 24.000 Verbraucher nutzten die neue europäische Plattform im ersten Jahr. Mit dem Inkrafttreten des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes zum 01.04.2016 wurden insbesondere für Online-Händler, aber auch für andere Unternehmen, die Online-Dienstleistungen anbieten, Informationspflichten im Zusammenhang mit einer alternativen, außergerichtlichen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten festgesetzt. Seit dem 01.02.2017 sind diese verpflichtend. Verbraucher können nun bei Streitigkeiten – etwa über Mängel von Produkten oder Dienstleistungen – in einem einfachen, unbürokratischen und für sie regelmäßig kostenfreien Verfahren versuchen, eine Schlichtung zu erreichen. Die Schlichtung soll dann zügig zu einer einvernehmlichen Lösung führen und den Beteiligten den Weg zu den Gerichten ersparen. Unternehmer sind verpflichtet, einen Link zur Online-Streitbeilegung-Plattform auf ihren Webseiten (Impressum) zu platzieren. Diese starre Verpflichtung gilt völlig unabhängig davon, ob für den betroffenen Unternehmer ein Schlichtungsverfahren überhaupt in Betracht kommt. Der Unternehmer ist zudem zur Angabe seiner E-Mail-Adresse verpflichtet.Der Unternehmer hat die Verbraucher davon in Kenntnis zu setzen, ob und inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, und – sofern dies zutrifft – auf die zuständige Stelle unter Angabe von Anschrift und Webseite hinzuweisen sowie die...
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Geschäftsführerhaftung
21.12.16 - Rechtsanwalt Thomas FickMit einer interessanten Entscheidung hat das LG Mühlhausen einer klagenden Firma einen Schadenersatzanspuch in Höhe von 24300,00 Euro gegen den beklagten Geschäftsführer zugesprochen.Die Parteien hatten einen schriftlichen Vertrag geschlossen, wonach das hergestellte technische Aggregat erst ausgeliefert werden sollte, wenn die vollständige Zahlung erfolgt ist. Der Geschäftsführer, der später insolventen GmbH, sprach beim Geschäftsführer der Klägerin vor und bat ausdrücklich um Lieferung der Maschine vor Zahlung der Schlußrechnung. Er versicherte die Zahlung und erhielt die Maschine heraus.Vier Wochen später wurde Insolvenzantrag gestellt .Das Landgericht sah hierin einen Eingehungsbetrug und verurteilte den Geschäftsführer zur persönlichen Zahlung. Das Thüringische Oberlandgericht in Jena wies die Berufung des Geschäftsführers zurück. Fazit: Verspechungen des Geschäftsführers in der Krise der GmbH führen schnell zur persönlichen Haftung. LG Mühlhausen 3 O 362/16 und Thür.OLG vom 17.10.2016 3 U 362/16
Gehaltsverzicht als im Wege einer verdeckten Einlage zugeflossener Arbeitslohn
19.12.16 - Rechtsanwältin Susan WittigDer BFH hat mit Urteil vom 15.06.2016, Az.: VI R 6/13, entschieden: 1. Für die Frage, ob ein Gehaltsverzicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn führt, kommt es maßgeblich darauf an, wann der Verzicht erklärt wurde. 2. Eine zum Zufluss von Arbeitslohn führende verdeckte Einlage kann nur dann gegeben sein, soweit der Steuerpflichtige nach Entstehung seines Gehaltsanspruchs aus gesellschaftsrechtlichen Gründen auf diese verzichtet, da in diesem Fall eine Gehaltsverbindlichkeit in eine Bilanz hätte eingestellt werden müssen. Die verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person der Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen einen einlagefähigen (= bilanzierungsfähigen) Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ist anzunehmen, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte.
Haftung bei Firmenfortführung einer Rückenschule
14.11.16 - Rechtsanwalt Thomas FickDer Kläger klagte die Zahlung von Beraterhonorar für die Jahre 2009-2011 ein. Sein Beratervertrag war zunächst als 10 Jahresvertrag mit der Firma J geschlossen worden. Die Firma J wurde 2007 an die jetzige Beklagte verkauft. Ende 2008 änderte die jetzige Beklagte einfach die Passwörter, so dass der Kläger seine Beratungstätigkeit nicht mehr ausführen konnte. Die Beklagte wandte auf die Klage zunächst ein, sie sei nicht die richtige Beklagte, da der Kläger seinen Vertrag ja mit der Firma J geschlossen habe. Der Kläger argumentierte, das eine Firmenfortführung vorliege. Es wurden Mitarbeiter übernommen, das Betätigungsfeld “Rückenprogramm Y” sei daselbe. Im Werbeflyer wurden dieselben Bilder verwendet und die Unternehmensphilosophie sei gleich. Das überzeugte das OLG Köln. Solange der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern übernommen wird, liege eine Firmenfortführung vor. Auch ein Rechtsformwechsel ändere hieran nichts. OLG Köln 11.04.2015 – 19 U 127/13 – Fazit: Augen auf beim Firmenkauf. Die Rechtsscheinhaftung des § 25 Abs. 1 HGB greift schnell.
Über die Macht des Versammlungsleiters und den Schutz des Minderheitsgesellschafters
5.10.16 - Rechtsanwältin Susan WittigMit Urteil vom 22.01.2016 hat das OLG Hamburg, Az.: 11 U 287/14, entschieden (Leitsätze des Gerichts): Das Selbsthilferecht des Minderheitengesellschafters einer GmbH nach § 50 Abs. 3 Satz 1 GmbH ist erst dann verbraucht, wenn in einer beschlussfähigen Versammlung die Tagesordnung erledigt werden konnte. Der Versammlungsleiter einer GmbH-Gesellschafterversammlung hat nicht die Kompetenz, die Versammlung abzubrechen. Ein kompetenzwidriger Abbruch führt nicht zur Beendigung der Versammlung. Gesellschaftern, die den Versammlungsort im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Abbruchs ver-lassen haben, kann im Hinblick auf danach gefasste Beschlüsse des Minderheitengesellschafters ein Anfechtungsrecht zustehen. Die Ausübung dieses Anfechtungsrechts ist jedoch treuwidrig, wenn es den Gesellschaftern im Zusammenwirken mit dem Versammlungsleiter allein darauf ankam, eine Beschlussfassung über die Anträge des Minderheitengesellschafters zu verhindern. Praxishinweis: Eine im Gesellschaftsrecht konsequente Entscheidung, die oft ihresgleichen sucht. Denn die formal starke Stellung der Mehrheit sowie des Versammlungsleiters und seiner Kompetenzen dominieren die Praxis. Insbesondere die Aufgaben und die Rolle des Versammlungsleiters spielen im Rahmen einer Gesellschafterversammlung eine zentrale Rolle. Neben der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Versammlung, kommt dem Versammlungsleiter einer GmbH-Gesellschafterversammlung Beschlussfeststellungskompetenz zu. Die Feststellung hat für den Beschluss...
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Ist die Weigerung des Mehrheitsgesellschafters der GmbH Gewinne auszuschütten ein Austrittsgrund?
19.09.16 - Rechtsanwalt Thomas FickNach herrschender Meinung ist ein Austrittsgrund nur als äußerstes Mittel zulässig. Weigert sich also die Mehrheit der GmbH Gesellschafter Gewinne der GmbH an die Gesellschafter auszuschütten, so ist vor einem Austritt eine Anfechtungsklage gegen den Gewinnausschüttungsbeschluß als milderes Mittel zu erheben. OLG München, DB 1990, 473 Fazit: Erst separat die Gesellschafterrechte auf Gewinnausschüttung wahrnehmen.
Abfindungsanspruch des aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Ausgeschiedenen
29.08.16 - Rechtsanwältin Susan WittigLeitsatzentscheidung des BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az.: II ZR 74/14 Der Abfindungsanspruch des aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Ausgeschiedenen richtet sich umfassend gegen die Gesellschaft. Für einen von dem Abfindungsanspruch zu trennenden Ausgleichsanspruch gegen die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter ist kein Raum. Der Kläger war Gesellschafter einer in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Anwaltssozietät. Er schied durch ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2011 aus der Gesellschaft aus, die gemäß § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags von den beiden verbliebenen Gesellschaftern F. und K. fortgesetzt wird. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelung zur Abfindung eines durch Kündigung ausgeschiedenen Gesellschafters. Der Kläger machte nach einvernehmlicher Aufteilung des Inventars und der Mandate unter anderem geltend, dass noch die Kapitalkonten der Gesellschafter auszugleichen seien, was insbesondere deshalb erforderlich sei, weil der Gesellschafter K. in der Vergangenheit übermäßig hohe Beträge entnommen habe. Mit der von ihm erhobenen Stufenklage begehrte der Kläger die Errechnung und Auszahlung seiner (weitergehenden) Abfindung, wobei er die Erstellung einer Abfindungsbilanz in erster Linie unter Aussparung des bereits aufgeteilten Mandantenstamms und Inventars beanspruchte, hilfsweise unter umfassender Berücksichtigung der gesellschaftlichen Vermögenswerte....
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Keine persönliche Haftung von GmbH-Gesellschaftern für Abfindungsansprüche bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft
20.07.16 - Rechtsanwältin Susan WittigBGH, Urteil vom 10.05.2016, II ZR 342/14 Leitsätze Die persönliche Haftung der Gesellschafter nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 24. Januar 2012 (II ZR 109/11, BGHZ 192, 236) entsteht weder bereits mit der Fassung des Einziehungsbeschlusses noch allein aufgrund des Umstands, dass die Gesellschaft später zum Zeitpunkt der Fälligkeit gemäß § 34 Abs. 3, § 30 Abs.1 GmbHG an der Zahlung der Abfindung gehindert ist oder sie unter Berufung auf dieses Hindernis verweigert. Die persönliche Haftung der Gesellschafter entsteht erst in dem Zeitpunkt, ab dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist. Liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens vor, so haften die Gesellschafter auch dann, wenn die Einziehung nicht gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters, sondern mit seiner Zustimmung erfolgt. Eine Haftung der verbliebenen Gesellschafter entsteht grundsätzlich dann nicht zwingend, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung oder danach über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder die Gesellschaft jedenfalls insolvenzreif ist und die Antragstellung nicht treuwidrig verzögert wird.
Sozialversicherungspflicht für Geschäftsführer mit Beteiligung von 49% am Stammkapital
13.06.16 - Rechtsanwalt Thomas FickDas Thüringer Landessozialgericht hob kürzlich eine Entscheidung des SozG Nordhausen auf zur Frage der Sozialversicheungspflicht einer Geschäftsführerin.Das Sozialgericht sah nach einer Gesamtbetrachtung keine Sozialversicheungspflicht, weil die Geschäftsführerin trotz ihrer Beteiligung von 49% am Stammkapital, die Geschicke der GmbH bestimmt.Das Landessozialgericht stellte dagegen nur auf die formalen Mehrheitsverhältnisse ab, obwohl die Geschäftsfürerin der GmbH ein nicht unerhebliches Darlehen gewährte und durch eine private Investition einen Umbau des Firmengrundstücks stemmte.Auch ein Vetorecht zugunsten der Minderheitsgesellschafterin für alle wichtigen Entscheidungen zur Geschäftsentwicklung ließ das Gericht nicht gelten. Fazit: Die vom BSG geforderte Gesamtbetrachtung verliert an Bedeutung, weil nur noch auf formale Mehrheitsverhältnisse geachtet wird. Thür.LSG vom 26.01.16 L 6 R 1289/12 noch nicht rechtskräftig