Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses während des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Zum Hintergrund:

Ein Mietverhältnis, welches der Schuldner als Mieter eingegangen ist, kann der Vermieter nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 112 InsO nicht wegen des Verzuges mit der Mietzahlung in der Zeit vor der Verfahrenseröffnung kündigen.

Der Bundesgerichtshof hatte aktuell zu entscheiden, ob eine Kündigung jedoch nach „Freigabe“ des Mietverhältnisses durch den Treuhänder (§ 109 Abs. 1 Satz 2 InsO) möglich ist. Im dortigen Fall hatte ein Mieter von März 2009 bis Oktober 2012 keine bzw. nur einen geringen Teil der monatlichen Miete gezahlt. Im Juni 2010 wurde das Verbraucherinsolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Bereits im Juli 2010 erklärte der Treuhänder die Freigabe des Mietverhältnisses. Diese Erklärung hat zur Folge, dass das Mietverhältnis nicht mehr massebehaftet ist, sondern in die Verfügungsbefugnis der Vertragsparteien zurückfällt.

Da ein Zahlungsrückstand von mehr als 14.000,00 EUR aufgelaufen war, kündigte der Vermieter im Oktober 2012 das Mietverhältnis fristlos und begründete die Kündigung u.a. mit dem vor Verfahrenseröffnung aufgelaufenen Zahlungsrückstand.

Dies ist rechtens. Der BGH führte in seinem Urteil aus, dass die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 InsO mit Wirksamwerden der Freigabeerklärung entfällt. Eine außerordentliche Kündigung kann auch auf Mietrückstände gestützt werden kann, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufen sind.

Sinn und Zweck der in § 112 Nr. 1 InsO geregelten Kündigungssperre stehen dem nicht entgegen, denn die Norm dient dem Schutz der Insolvenzmasse und einer möglichen Fortführung des  Schuldnerunternehmens und gerade nicht dem persönlichen Schutz des bei Insolvenzantragsstellung im Zahlungsverzug befindlichen Mieters/Schuldners vor dem Verlust der Wohnung.

§ 109 Abs. 1 Satz 2 InsO soll lediglich verhindern, dass der Mieter ein Verbraucherinsolvenzverfahren nur um den Preis des Verlusts der Wohnung durch die Kündigung seitens des Treuhänders einleiten kann.

Presseerklärung des BGH zum Urteil vom 17. Juni 2015 – VIII ZR 19/14