Wenn eine Berufsbetreuerin die Erblasserin (Betreute) beeinflusst, kann das Testament sittenwidrig sein.

Nutzt eine Berufsbetreuerin ihre Stellung und ihren Einfluss auf einen älteren, kranken, alleinstehenden Betreuten dazu, ihn dazu zu bewegen, vor einem von ihr herangezogenen Notar ein Testament zu erstellen, kann dieses sittenwidrig sein. Dies hat das OLG Celle entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden (Beschluss vom 09.01.2024 – 6 W 175/23, rechtskräftig).

Eine 92-jährige Frau befand sich ab September 2022 wegen ihres schlechten Gesundheitszustands im Krankenhaus. Während des Klinikaufenthalts verstarb ihre Tochter, die sich zuvor um ihre Angelegenheiten gekümmert hatte. Weil die 92-Jährige keine weiteren Angehörigen hatte, bestellte das Amtsgericht für sie eine Berufsbetreuerin. Nach einem Wechsel des Krankenhauses beauftragte diese im Oktober 2022 einen Notar mit der Erstellung eines notariellen Testaments für die Betreute. Dieser beurkundete das Testament, das die Berufsbetreuerin als Alleinerbin auswies, in der Klinik. Als die alte Dame Mitte Oktober 2022 aus dem Krankenhaus entlassen wurde, nahm die Berufsbetreuerin sie bei sich zu Hause auf. Vier Tage danach starb die Frau dort eines natürlichen Todes.

Nach der Entscheidung des OLG Celle, ist dieses notarielle Testament sittenwidrig und damit nichtig, so dass die Betreuerin hieraus keine Rechte herleiten kann und insbesondere keinen Erbschein erhält. Für die Sittenwidrigkeit sprächen insbesondere das hohe Alter der Erblasserin, ihre schlechte gesundheitliche Verfassung, ihr Gemütszustand nach dem Tod ihrer Tochter, die Umstände im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung sowie der enge zeitliche Ablauf zwischen der Einrichtung der Betreuung und der Testierung.