
Online-Verkäufer haften auch für nicht selbst gemachte Angaben im Angebot
4.08.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzHändler, die ihre Produkte im Internet über Verkaufsplattformen wie Amazon Marketplace anbieten, haften auch für Angaben, die sie nicht selbst gemacht haben. Sie trifft eine “Überwachungs- und Prüfungspflicht“. Dies entschied der BGH am 03.03.2016 in zwei Verfahren (Az.: I ZR 110/15 und I ZR 140/14). In dem einen Fall stand neben einer Armbanduhr für 19,90 EUR als “unverbindliche Preisempfehlung” durchgestrichen ein Preis von 39,90 EUR, dazu der Hinweis “Sie sparen: EUR 20,00 (50%)”. Diese Angabe macht nicht der Verkäufer, sondern Amazon. Tatsächlich war die Uhr zu dem Zeitpunkt ein Auslaufmodell und wurde in den Preislisten des Fachhandels nicht mehr geführt. Ein Mitbewerber klagte daher. Der angebliche Herstellerpreis führe Verbraucher in die Irre. Der BGH sah den Verkäufer in der Pflicht. Ihm habe klar sein müssen, dass er auf der Plattform die Gestaltung seines Angebots nicht voll beherrschen könne. Eine regelmäßige Kontrolle könne daher erwartet werden. Ähnlich entschieden die Richter im Fall eines Händlers, dem ein unbekannter anderer Nutzer zu der angebotenen Computermaus einen falschen Markennamen dazugeschrieben hatte. Der Markeninhaber klagte erfolgreich.
Risiko Falschparken
28.07.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykAutofahrer, die ihr Fahrzeug unberechtigter Weise auf privaten Grundstücken parken, dürfen vom Grundstückseigentümer sofort und auf Kosten des Falschparkers abgeschleppt werden. Wer sein Fahrzeug nämlich auf dem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück abstellt, verletzt dass Eigentum und den Besitz des Eigentümers. Hierin liegt eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug. Anders als bspw. die Ordnungsämter ist der Eigentümer auch nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, weshalb er trotz möglicher Hinweiszettel auf eine Erreichbarkeit per Handy hinter der Windschutzscheiben keine Nachforschungen zu ihm unbekannten Fahrern unternehmen muss. Der Falschparker muss sich dann nicht nur auf die Suche nach seinem fahrzeug begeben, sondern auch die Kosten des Abschleppvorgangs tragen. Amtsgericht München, Urteil vom 15. Juli 2016 – Az.: 122 C 31597/15
Warum ist die Justiz überlastet?
17.06.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDiese Fragen stellen wir uns aktuell in einer Beratungshilfeangelegenheit vor dem hiesigen Amtsgericht Zweigstelle Bad Langensalza. Zum Verständnis: Beratungshilfe ist ein Instrument des Staates, um Bürgern mit geringem oder gar keinem Einkommen zu ihrem Recht zu verhelfen. Rechtsanwälte sind kraft Gesetzes verpflichtet, auch unbemittelten Ratsuchenden rechtsberatend zur Seite zu stehen. Da selbst Rechtsanwälte ungern kostenlos und aus rein altruistischen Motiven heraus tätig werden, übernimmt in den Fällen eines Beratungshilfemandats der Staat die Kosten der Interessenwahrnehmung. Für die einfache Beratung alimentiert der Staat die Rechtsanwaltschaft mit brutto 41,65 EUR, wird der Anwalt nach außen tätig, erhöht sich der Obolus auf brutto 121,38 EUR jeweils plus 15,00 EUR Selbstbeteiligung. Der unbefangene Leser merkt sofort, warum die Anwaltschaft wohl zu Recht als reich empfunden wird. Allerdings fühlen sich die ebenfalls nach dem Gesetz zur Beratungshilfe verpflichteten Rechtspfleger, der nach eigener Darstellung ohnehin hoffnungslos überlasteten Justiz oft nicht in der Lage, dem Bürger in als belanglos empfundenen Angelegenheiten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Will heißen, man gibt dem Ratsuchenden den Antrag auf Beratungshilfe in die Hand und verweist auf die Möglichkeit...
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Unverschuldeter Verlust des Briefkastenschlüssels ist keine Entschuldigung für Fristversäumnis!
15.06.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDas OLG Hamm hatte kürzlich über folgenden Fall zu entscheiden: Das Amtsgericht Brakel hatte dem Betroffenen einen Beschluss durch Einwurf in dessen Briefkasten zugestellt. Der Betroffene hätte gegen diesen Beschluss innerhalb einer einwöchigen Rechtsmittelfrist vorgehen können. Er legte jedoch erst nach Ablauf dieser Frist sofortige Beschwerde ein und begründete dies damit, dass seine Frau mit dem einzigen Briefkastenschlüssel einen Tag vor Einwurf des gerichtlichen Schreibens die Wohnung verlassen hatte und erst nach Ablauf der Frist zurückgekommen war. Diesen Einwand ließ das OLG Hamm jedoch nicht als Entschuldigung für die Fristversäumnis gelten. Zwar war der Betroffene unverschuldet nicht in Besitz des Schlüssels, jedoch hat er es unterlassen, sich baldmöglichst Zugang zum Briefkasten zu verschaffen. Damit hat er schuldhaft die Beschwerdefrist versäumt. Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 03.05.2016, -Az. 4 Ws 103/16-
Bestechlichkeit und Bestechung in der Gesundheitswirtschaft – Neue Haftungsrisiken bei Kooperationsvereinbarungen
9.06.16 - Rechtsanwältin Susan WittigDer Deutsche Bundestag hat am 13.04.2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. Anlass des Gesetzes war eine Entscheidung des BGH im Jahr 2012, nach welcher die unlautere Beeinflussung des Verordnungsverhaltens von niedergelassenen Vertragsärzten nicht den strafrechtlichen Korruptionsdelikten unterfallen sollte. Der Bundesrat hat das Gesetz in seiner Sitzung am 13.05.2016 gebilligt. Das Gesetz ist am 04.06.2016 in Kraft getreten. Die Regelungen der §§ 299a, 299b StGB sollen den fairen Wettbewerb in der Gesundheitswirtschaft und das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen schützen, indem Zuwendungen als Gegenleistung für die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit unter Geld- oder Haftstrafen von bis zu drei bzw. fünf Jahren gestellt werden. Nicht zuletzt hat auch die Anordnung eines Berufsverbotes gem. § 70 StGB existenzielle Folgen. Im Zuge der Neuregelung sollten daher Vereinbarungen von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apotheker, Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auf den Prüfstand gestellt werden.
Vorsicht beim Chip Tuning!
6.06.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzLeistungssteigerungen am Fahrzeug können den Versicherungsschutz gefährden, wenn hierüber der Fahrzeugversicherer nicht informiert wurde. Das Landgericht Bielefeld (8 O 40/14) hat am 08.06.2015 entschieden, dass der Kaskoversicherer vom Vertrag zurücktreten kann, falls im Antrag eine geringere Fahrzeugleistung angegeben wurde. Hierbei handelt es um einen erheblichen Gefahrumstand. Der Versicherer war damit nachträglich von seiner Zahlungsverpflichtung befreit.
Rücktrittsrecht wegen VW-Abgasskandal
18.05.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDas Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat am 12.05.2016 die Klage eines Autokäufers gegen ein Autohaus auf Rückabwicklung als derzeit unbegründet abgewiesen. Zwar liege mit der Manipulationssoftware ein Fahrzeugmangel vor, der im nach der Rechtsprechung des BGH maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung angesichts der Ungewissheiten der Mangelbeseitigung auch erheblich sei. Die vor einem wirksamen Rücktritt des Käufers erforderliche angemessene Frist sei jedoch noch nicht abgelaufen. Vielmehr sei dem Käufer sei ein Zuwarten jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2016 zuzumuten, nachdem der VW-Konzern ein Nachbesserungskonzept für diesen Zeitraum angekündigt hat. Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Frankenthal (Pfalz)
Keine Anspruchskürzung bei angeleintem Hund
12.04.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDas OLG Jena hat mit Urteil vom 16.7.2015 – 1 U 652/14 entschieden, dass ein Hundehalter, der seinen Hund an der Leine führt und dabei ohne eigenes Zutun von einem frei laufenden Hund gebissen wird, sich kein Mitverschulden anrechnen lassen muss. Vorliegend war der Kläger mit seinem angeleinten Hund an einem Grundstück vorbeigegangen, als plötzlich der Hund der Beklagten aus der Hecke gerannt kam und auf den Hund des Klägers losgegangen ist. Ihm wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 EUR zugesprochen. Nach Auffassung des Gerichtes, ist dem Kläger kein Mitverschulden anzurechnen, da er sich nicht bewusst in die gefahrbringende Nähe des anderen Hundes gebracht hat. Ein Mitverschulden käme nur dann in Betracht, wenn der Kläger bei dem Versuch, die Hunde auseinanderzubringen, gebissen worden wäre. Allein aber der Umstand, dass er seinen Hund angeleint bei sich geführt hat, stellt keinen Verursachungsbeitrag für den später entstanden Schaden dar.
Ehescheidungskosten steuerlich absetzbar!
17.03.16 - Rechtsanwältin Petra RostDas Finanzgericht Köln hat am 13.01.2016 (Aktenzeichen: 14 K 1861/15 Quelle: juris Logo) entschieden, dass Ehescheidungskosten auch nach der aktuellen Gesetzeslage als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind. Die Klägerin machte für 2014 in ihrer Einkommensteuererklärung 2.433,65 Euro Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren als Scheidungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ab. Es berief sich auf die ab 2013 geltende Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Danach sei die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten grundsätzlich ausgeschlossen. Die hiergegen vor dem FG Köln erhobene Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts fallen Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren eines Scheidungsverfahrens nicht unter den Begriff der Prozesskosten. Dies ergebe sich sowohl aus der für Scheidungsverfahren geltenden Verfahrensordnung, wie auch aus der Entstehungsgeschichte der Neuregelung zum Abzugsverbot zu den Prozesskosten. Das FG Köln hat gegen sein Urteil die Revision zum BFH zugelassen. Quelle: Pressemitteilung des FG Köln v. 15.03.2016
Nachschieben von Mängeln in der Gewährleistung
7.03.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykAm 20. Januar 2016 setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob der Klägerin als Verbraucherin ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen der Lieferung einer mangelhaften Couch zusteht. Die Entscheidung hat wegen der allgemeinen Ausführungen auch über den Spezialfall des Möbelkaufvertrages Auswirkungen. Hintergrund war, dass die Verbraucherin ca. ein Jahr nach dem Möbelkauf diverse Mängel rügte und dann wegen der Nichtbehebung auf Rückabwicklung des Kaufvertrages klagte. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige konnte die behaupteten Mängel bzw. den Zeitpunkt der Entstehung nicht feststellen, dafür aber einen weiteren Mangel der Reibechtheit des Leders. Erst im laufenden Verfahren und nach Ablauf der zwei Jahre forderte die Klägerin den beklagten Verkäufer zur Nacherfüllung auf und trat nachfolgend wegen dieses Mangels vom Kaufvertrag zurück. Zu spät, entschied der Bundesgerichtshof. Die gesetzlichen Ansprüche folgen immer Mangelbezogen, d.h. ein Nachschieben neuer Mängel löst immer neue Ansprüche aus. Scheitert ein erklärter Rücktritt am nicht vorhandenen oder beweisbaren Mangel, kann dieser unwirksame Rücktritt nicht durch Nachschieben später erkannter Mängel geheilt werden. BGH, Urteil vom 20. Januar 2016, Az: VIII ZR 77/15