
Abschleppkosten zur Heimatwerkstatt
17.08.17 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDer Geschädigte darf bei einem Haftpflichtschaden sein fahrunfähig gewordenes Fahrzeug auf Kosten des Schädigers in seine ca. 120 km entfernte Werkstatt schleppen lassen, wenn er sie bisher bei allen Wartungen und Reparaturen an diesem Fahrzeug aufgesucht hat. So entschied zumindest das AG Rosenheim am 12.05.2017 (Az.: 8 C 90/17). zum Urteil
Radfahren besser nur in Fahrtrichtung!
21.04.17 - Rechtsanwältin Petra RostDas OLG München hat am 05.08.2016 (Az: 10 U 4616/15) entschieden, dass ein Radfahrer, der auf einem kombinierten Geh- und Radweg entgegengesetzt zur Fahrtrichtung fährt, bei einem Unfall mit einem Pkw überwiegend haftet. Der Fahrradfahrer fuhr auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg entgegengesetzt zur Fahrtrichtung. Bei der Einmündung einer Straße achtete er nicht auf die Autos, sondern fuhr über die Einmündung. Es kam zu einem Unfall mit einem Auto. Nach dem OLG München haftet der Radfahrer zu 75% und der Autofahrer zu 25%. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hatte der Radfahrer ohne rechtfertigenden, entschuldigenden oder wenigstens nachvollziehbaren Grund den Geh- und Radweg entgegengesetzt zur Fahrtrichtung genutzt. Beim Überqueren der Straße habe er den fließenden Verkehr gefährdet. Er hätte wie ein Fußgänger warten und dem Fahrzeugverkehr den Vorrang einräumen müssen. Es befände sich auch kein eigener Radweg an der Fahrbahn, der daran etwas ändern könnte. Dem Autofahrer sei dagegen nur ein geringer Sorgfaltsverstoß vorzuwerfen. Die Haftung ergebe sich im Wesentlichen aus der Betriebsgefahr. Quelle: Pressemitteilung des DAV VerkR Nr. 7/2017 v. 30.03.2017
Haftungsverteilung beim Parkplatzunfall
1.02.17 - Rechtsanwalt Alexander HeinzParkplatzunfälle sind sehr häufig der Anlass für Rechtstreitigkeiten. Der BGH hat sich nunmehr mit der Rechtslage befasst, wenn beide Unfallbeteiligten vor der Kollision zunächst rückwärts gefahren sind. Das Urteil wurde am 11.10.2016 im Verfahren mit dem Aktenzeichen VI ZR 66/16 verkündet. Dabei wurden folgende Grundsätze formuliert: 1. Steht fest, dass ein Unfallbeteiligter zum Kollisionszeitpunkt noch rückwärts fuhr, so spricht ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass er seiner Sorgfaltspflicht nach § 1 StVO in Verbindung mit der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat. 2. Dagegen soll dieser Anscheinsbeweis nicht anwendbar sein, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere rückwärtsfahrende Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist. 3. Unabhängig vom Eingreifen eines Anscheinsbeweises können jedoch die jeweilige Betriebsgefahr der Fahrzeuge und weitere sie erhöhende Umstände im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG Berücksichtigung finden. Fazit: Damit bekommt die Frage, ob einer der Unfallbeteiligten im Kollisionszeitpunkt stand, eine noch größere Bedeutung. Dies kann oftmals nur durch ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten geklärt...
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Verunfalltes Fahrzeug darf ohne Stellungnahme des Versicherers veräußert werden
14.12.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDer BGH hat mit Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15 – entschieden, dass der Geschädigte bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot nachkommt, wenn er die Veräußerung zu einem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt konkret ermittelt hat. Insbesondere muss der Geschädigte darüber hinaus weder weitere Angebote einholen noch weiter abwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote vorzulegen. zur Entscheidung im Volltext
In welcher Höhe darf der Kfz-Sachverständige Nebenkosten abrechnen?
14.10.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzBei der Regulierung von Kfz-Unfällen ist derzeit eines der umstrittensten Themen, in welcher Höhe die vom Kfz-Sachverständigen abgerechneten Nebenkosten durch den Versicherer zu erstatten sind. Mit seiner Entscheidung vom 26.04.2016, Az. VI ZR 50/15, versucht der BGH die Abrechnungspraxis der Gutachter „in ruhiges Fahrwasser“ zu bringen. Dabei hat das Obergericht den besonderen Spielraum der Instanzgerichte gemäß § 287 ZPO betont und es nicht beanstandet, wenn sie im Rahmen der Schätzung der anfallenden Nebenkosten die Bestimmungen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierungshilfe heranziehen. Es bleibt zu hoffen, dass die Praxis sich mit dieser Vorgabe einrichten kann und zukünftig dieser „Nebenkriegsschauplatz“ bei der Unfallregulierung keine Rolle mehr spielen wird. Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.
Verkehrsanalytisches Sachverständigengutachten bei Unfall nach Spurwechsel
9.09.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDas OLG München hat in dem Verfahren 10 U 3766/15 ein verkehrsanalytisches Sachverständigengutachten zur Klärung der Haftungsfrage einer Kollision nach einem Spurwechsel bei S-förmigem Spurverlauf eingeholt und konnte damit die Haftungsfrage durch Prüfung von Querbeschleunigungskräften und Zeitintervallen klären. Der Unfallhergang war zwischen den Beteiligten streitig. Der Kläger behauptete, stets auf seinem Fahrstreifen verblieben zu sein, während der Beklagte einen Fahrstreifenwechsel vorgenommen habe und dabei seinen Fahrstreifen gekommen sei. Während die 1. Instanz von einer ungeklärten Haftungslage ausging und trotz Beweisantrag kein Gutachten einholte, kam im Berufungsverfahren das OLG nach dem Gutachten zur vollen Haftung des Beklagten. Der Sachverständige hat die beiden vorgetragenen Versionen des Unfallhergangs geprüft und ausgeführt, dass aus technischer Hinsicht keine der beiden Unfallversionen ausgeschlossen werden kann. Das gelte für die Version des Klägers ohne weiteres, für die Version des Beklagten allerdings nur dann, wenn der Kläger „außerordentlich sportlich“ gefahren wäre. Fazit: Die Einholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens ist notwendig. Auch wenn es oft kein eindeutiges Ergebnis bringt, zeigt sich hier, dass allein aus den Zeiträumen und Querbeschleunigungskräften eben doch der wesentliche Gehalt des Vortrags einer Partei bestätigt werden...
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Smart-Watch am Steuer – Ist das erlaubt?
29.04.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDiesbezüglich gehen die Meinungen auseinander. Einerseits wird vertreten, dass § 23 Abs. 1 a StVO anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer während des Fahrzeugbetriebes als Fahrzeugführer ein Mobil- oder Autotelefon bedient und es zu diesem Zwecke in die Hand nimmt. Andererseits wird argumentiert, dass die am Arm befindliche Smart-Watch weder aufgenommen noch gehalten wird und damit keine Ordnungswidrigkeit begeht, wer die Smart-Watch als Freisprechanlage nutzt. Soweit ersichtlich, gibt es diesbezüglich noch keine obergerichtliche Entscheidung. In Anbetracht der Ablenkungsgefahr sollte man als Fahrzeugführer jedoch auf die Verwendung der Smart-Watch verzichten.
Für Schäden beim Entladen aus Tanklastwagen haftet auch dessen Kfz-Haftpflichtversicherung
25.03.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzWerden beim Entladen von Heizöl wegen einer Undichtigkeit des Verbindungsschlauches die Straße und das Hausgrundstück des Bestellers verschmutzt ist dies nach dem Urteil des BGH vom 08.12.2015 (Az.: VI ZR 139/15) dem Betrieb des Kraftfahrzeuges zuzurechnen. Nach Auffassung des Gerichts sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG erfüllt, weil das Merkmal «bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs» weit auszulegen sei. Dies sei auch beim stehenden Fahrzeug gegeben, wenn das Fahrzeug in seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel entladen wird. Im Streitfall sei maßgeblich, dass der Tankwagen im öffentlichen Verkehrsraum gestanden habe. Es handle sich daher um Gefahren, die von einem im Verkehr befindlichen Fahrzeug ausgegangen seien. Es sei allein vom Zufall abhängig gewesen, ob «nur» der Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder auch das Hausgrundstück beschädigt wurden.
Parkplatzunfall beim Rückwärtsfahren – wer zahlt?
19.02.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseBisher galt bei einem Zusammenstoß von zwei rückwärts ausparkenden Autos, dass jeder zur Hälfte für den Schaden einsteht. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) konkretisiert dies jedoch. Ist eines der beiden Autos nach dem Ausparken aus einer Parkbucht schon in der Parkplatzgasse zum Stehen gekommen, greift nicht mehr automatisch der sog. Anscheinsbeweis für das Verschulden des Rückwärtsfahrenden, da er seine Sorgfaltspflichten nicht verletzt hat. Der Auffahrende haftet dann für den Schaden am anderen Auto. Andere Gerichte hatten zuvor die Auffassung vertreten, dass ein erst kurzzeitiges Stehen noch im Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren steht, der Anscheinsbeweis greift und somit eine Haftungsteilung vorzunehmen ist. Laut BGH müssen jedoch alle Umstände und Einzelheiten des Unfallhergangs betrachtet werden und der Anscheinsbeweis entsprechend zurückhaltend angewendet werden. Urteil des BGH vom 15.12.2015 zu Az. VI ZR 6/15
Muss die Vollkaskoversicherung die Abschleppkosten bei Totalschaden tragen?
15.02.16 - Rechtsanwalt Alexander HeinzEin Versicherungsnehmer hat gegenüber seiner Vollkaskoversicherung keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Abschleppmaßnahme, wenn das versicherte Fahrzeug weitgehend zerstört ist und erkennbar über keinen relevanten Restwert mehr verfügt. So entscheid das OLG Karlsruhe in seinem Urteil vom 17. Dezember 2015 (Az.: 12 U 101/15). Ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch aus der Kaskoversicherung auf Ersatz der Abschleppkosten besteht nicht, wenn kein Reparaturfall gegeben ist. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 83 Abs.1 VVG setzt Aufwendungen im Zusammenhang mit Rettungsmaßnahmen voraus die sich auf den versicherten Schaden beziehen. Erstattungsfähig sind aber nur solche Maßnahmen, die Erfolg versprechen und die in ihrem Aufwand nicht außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen. Dementsprechend kann ein Versicherungsnehmer Abschleppkosten auch bei einem offensichtlichen Totalschaden regelmäßig zur Sicherung des Restwerts für erforderlich halten. Dies gilt aber nicht, wenn es bei einem völlig zerstörten oder ausgebrannten Fahrzeug auch einem Laien hätte einleuchten müssen, dass das Fahrzeugwrack keinerlei Wert mehr verkörpert. Fazit: Die Schleppkosten müssen in einem angemessenem Verhältnis zu dem erzielten Erfolg stehen.