
Unfallversicherungsschutz auch bei Weihnachtsfeier
8.07.16 - Rechtsanwältin Petra RostDas BSG hat entschieden, dass auch die Teilnahme an einer Weihnachtsfeier einer Abteilung eines Betriebs vom gesetzlichen Unfallversicherungsschutz umfasst ist (BSG Urteil vom 05.07.2016 Az: B 2 U 19/14 ist. Die Klägerin verletzte sich anlässlich einer gemeinsamen Wanderung im Rahmen einer betreiblichen sachgebietsinternen Weihnachtsfeier. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Das Sozialgericht hatte festgestellt, dass das Unfallereignis ein Arbeitsunfall war. Das Landessozialgericht hat das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das BSG hat das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und festgestellt, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Nach Auffassung des BSG ist auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Ausprägung der Beschäftigtenversicherung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Hierfür sei bereits nach bisheriger Rechtsprechung zunächst erforderlich gewesen, dass die Veranstaltung “im Einvernehmen” mit der Betriebsleitung stattfand. Für ein solches “Einvernehmen” reiche es aus, wenn der Dienststellenleiter in einer Dienstbesprechung mit den jeweiligen Sachgebietsleitern vereinbart, dass die jeweiligen Sachgebiete Weihnachtsfeiern veranstalten dürfen und weitere Festlegungen (Beginn, Zeitgutschrift etc.) getroffen werden. Abgerückt ist das BSG hingegen von seiner Auffassung, das...
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Schmerzensgeld nach Beleidigung nur bei Breitenwirkung
1.07.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDer Bundesgerichtshof hat ausgeurteilt, dass bei Beleidigungen ein Anspruch auf Schmerzensgeld nur dann besteht, wenn dies in der Öffentlichkeit passiert. Interessant ist auc hder zugrundeliegende Sachverhalt zu zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Mieter beanspruchte von seinem ehemaligen Vermieter, die Zahlung einer Geldentschädigung, weil dieser ihn insbesondere in Kurzmitteilungen in der Zeit vom 10. bis 11. Juni 2012 unter anderem bezeichnet hat als “Lusche allerersten Grades”, “arrogante rotzige große asoziale Fresse”, “Schweinebacke”, “feiges Schwein”, “feige Sau”, “feiger Pisser”, “asozialer Abschaum” und “kleiner Bastard”. Bleibt die Beleidung wie vorliegend passiert ohne Breitenwirkung und erfolgt sie lediglich zwischen den Parteien, genügt als Genugtuungsfunktion der Unterlassungsanspruch nebst Ordnungsmittelverfahren bei Wiederholungen sowie die zusätzlich eröffnete Möglichkeit der Strafverfolgung auf dem Privatklageweg. Geld gibt es daher nur, wenn weitere Personen die Beleodigung mitbekommen. zur Enscheidung des BGH vom 24. Mai 2016 – Az.: VI ZR 496/15
Einlösen von Rabattgutscheinen der Konkurrenz nicht verboten
24.06.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDas Sammeln und Einlösen von Rabattgutscheinen entwickelt sich allmählich zum Volksport. Rabbate sollen Kunden ködern und stellen für viele Unternehmen vornehmlich im Einzelhandel eine neue Form der Werbung dar. Was passiert aber nun, wenn die Konkurrenz auf diesen Werbezug aufspringt und ihrerseits die Gutscheine der Konkurrenz einlöst? Mit dieser interessanten Frage mussten sich die Karlsruher Richter befassen, nachdem die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in dieser Form der Werbung eine gezielte Behinderung der anderen erblickte. Die Klage war in allen drei Instanzen erfolglos. Ein unlauteres Eindringen in einen fremden Kundenkreis war nicht feststellbar. Die Empfänger von Rabattgutscheinen sind für ihre nächsten Einkäufe noch keine Kunden des werbenden Unternehmens. Der Verbraucher entscheidet letztlich selbst, wann und wo er einkauft und welchen wirtschafltichen Vorteil er nutzt. Diese weitere Chance der Verbraucher, Rabatte zu erhalten, sei keine unlautere Werbebehinderung der Mitbewerber. zur Pressemitteilung des Bundserichtshof zum Urteil vom 23. Juni 2016 – I ZR 137/15
Mietwagenunfall: Muss ich die Polizei rufen?
23.05.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseEin Italien-Urlauber hatte über einen Reiseveranstalter ein Auto gemietet. Am Tag der Rückreise bemerkte er, dass das geparkte Auto angefahren wurde und nun einen Heckschaden hat. Da die Unfallverursacherin ihre Daten am Fahrzeug hinterlassen hatte, meldete der Urlauber lediglich der Vermieterstation am Flughafen den Unfall und nannte dort die Daten der Verursacherin. Die Polizei rief er nicht, da er befürchtete, sonst seinen Rückflug zu verpassen. Laut den Vermittlungsbedingungen hätte er jedoch die Polizei einschalten müssen. Die Vermieterin nahm den Kontakt zur Unfallverursacherin auf und behielt die Kaution von 900,00 EUR ein. Nach seiner Rückkehr verlangte der Urlauber vom Reiseveranstalter die Erstattung der Kaution. Dies wurde mit Hinweis auf die eindeutige Regelung in den Vermittlungsbedingungen abgelehnt. Nachdem die Vermieterin nach Klageerhebung freiwillig die Kaution zurückzahlte, verlangte der Urlauber noch seine Rechtsanwaltskosten vom Reiseveranstalter. Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Die Richter waren ebenfalls der Meinung, dass der Urlauber die Polizei hätte informieren müssen. Dass der Kläger bei Verständigung der Polizei vor Ort möglicherweise seinen Rückflug verpasst hätte, sei unerheblich. Urteil des Amtsgerichts München vom 24.07.2015, Aktenzeichen 233 C 7550/15
Haftung des Tierarztes bei grobem Behandlungsfehler bejaht
13.05.16 - Rechtsanwältin Petra RostDer BGH hat am 10.05.2016 (Aktenzeichen: VI ZR 247/15 Quelle: juris Logo) entschieden dass auch ein Tierarzt bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers die Beweislast für die Kausalität trägt, wie es beim Humanmedizinier bereits gängige Rechtsprechungist. Die Klägerin, eine Pferdehalterin, hat den beklagten Tierarzt wegen fehlerhafter tierärztlicher Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch. Nachdem dieser das Tier wegen einer Verletzung am rechten hinteren Bein behandelt hatte. Der Beklagte verschloss die Wunde, nahm aber keine weiteren Untersuchungen vor. Einige Tage später wurde eine Fraktur des verletzten Beines diagnostiziert. Die Operation der Fraktur gelang nicht, das Pferd wurde noch am selben Tag getötet. Das Pferd hatte durch den Tritt eines anderen Pferdes eine Fissur des Knochens erlitten, die sich zu einer vollständigen Fraktur entwickelt hatte. Bereits das OLG hatte den Tierarzt dem Grunde nach verurteilt, der Tierhalterin Schadensersatz wegen der fehlerhaften Behandlung ihres Pferdes zu zahlen. Der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers begangen. Er hätte erkennen müssen, dass die Möglichkeit einer Fissur bestand und dazu weitere Untersuchungen vornehmen müssen, die die Fissur bestätigt hätten. Ob der grobe Behandlungsfehler dafür ursächlich...
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Jobcenter muss nicht für Cannabis zahlen
2.05.16 - Rechtsanwalt Alexander LamczykEine 30-jährige Hilfeempfängerin versuchte vor dem Sozialgericht Trier erfolglos, gegenüber dem Jobcenter einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für in Apotheken abgegebenes Cannabis durchzusetzen. Aus Sicht der Antragstellerin sei die Einnahme von Cannabis zur Behandlung ihrer zahlreichen Krankheitsbilder wie ADHS, Morbus Crohn, Untergewicht und Schmerzen dringend erforderlich. Die Sozialrichter lehnten die Kostenübernahme allerdings ab, weil es sich weder um einen berücksichtigungsfähigen Mehrbedarf noch um eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse handele. Zur Behandlung ihrer Leiden stünden der Antragstellerin zahlreiche anerkannte Leistungen zur Verfügung, weshalb die Behandlung mit Cannabis nicht alternativlos sei. zur Pressemitteilung vom 28. April 2016 S 5 AS 47/16
Zeugnisverweigerungsrecht des geschiedenen Ehegatten
25.04.16 - Rechtsanwältin Petra RostSowohl der Ehegatte als auch der geschiedene Ehegatte einer Partei sind gem. § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO berechtigt, dass Zeugnis zu verweigern. Diese Regelung ist entsprechend anwendbar, wenn die Partei eine juristische Person ist und der Zeuge Ehegatte des gesetzlichen Vertreters ist oder war (BGH 29.09.2015, Az: XI ZB 6/15, 2296). Mit dem Zeugnisverweigerungsrecht soll mit der Familie der Bereich, der typischerweise zur engeren Privatspähre des Zeugen gehört, geschützt werden. Dieser Zweck rechtfertigt es, das Zeugnisverweigerungsrecht auch anzuwenden, wenn die Partei eine juristische Person (GmbH o.ä.) ist und der Zeuge Ehegatte des gesetzlichen Vertreters derselben ist oder war. Auch in diesem Fall befindet sich der Zeuge in einem vergleichbaren Konflikt zwischen Wahrheitspflicht und familiärer Rücksichtnahme.
Widerrufsrecht bei Jahrmarktseinkauf?
17.04.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseVerbrauchern steht bei Käufen aus dem Katalog oder im Online-Shop ein Widerrufsrecht zu (§ 312 c BGB), genauso bei Käufen, die außerhalb von Geschäftsräumen getätigt werden (§ 312 b BGB). Doch was ist, wenn man nach dem Einkauf auf einem Jahrmarkt oder einer Messe nicht zufrieden ist? Fallen diese Käufe unter die Rubrik „außerhalb von Geschäftsräumen“ oder sind Messe- bzw. Jahrmarktsstände Geschäftsräume? Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hatte kürzlich diese Frage zu beantworten. Ein Verbraucher hatte auf einem Jahrmarkt mit den üblichen Fahrgeschäften in einem Verkaufsstand einer Haustechnikfirma eine Wasserenthärtungsanlage erworben und war nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Kurze Zeit später bereute er seine Entscheidung und widerrief den Vertragsschluss. Das Gericht sah im Verkaufsstand der Haustechnikfirma auf dem Jahrmarkt keinen „beweglichen Gewerberaum“ im Sinne des § 312 b Abs. 2 S. 1 BGB, da dort keine veranstaltungstypischen Waren angeboten wurden. Beim Besuch einer Haustechnikmesse wäre diese Einschätzung anders ausgefallen. Hier jedoch wurden auf dem Jahrmarkt vom Verkäufer Waren angeboten, die nicht veranstaltungstypisch sind. Das Gericht sah darin die Gefahr für einen Verbraucher, von einem solchen untypischen Angebot überrumpelt...
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Gesetzliche Unfallversicherung für Schüler auch bei Projektarbeiten außerhalb der Schule!
28.03.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDer Unfall eines Schülers ist auch dann versichert, wenn er sich zwar außerhalb der Schule, aber auf dem Nachhauseweg von einer Projektarbeit ereignet, die eigentlich zum Unterricht gehört und im Normalfall unter der Aufsicht von Lehrpersonen steht. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg am 17.03.2016. Es gab damit einem Schüler aus Steinheim Recht. Dieser war auf dem Nachhauseweg von einem Videodreh für den Musikunterricht außerhalb der Schule von einem Mitschüler angerempelt worden und hingefallen. Hierbei zog er sich ein schweres Schädelhirntrauma zu und sitzt seitdem im Rollstuhl. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Sturz als gesetzlich unfallversicherten Wegeunfall anzuerkennen. In erster Instanz bekam sie noch Recht, die zweite Instanz sah es anders. Entscheidend für die Richter des LSG war dabei, dass die Gruppenprojektarbeit eine organisatorisch von der Schule getragene Unternehmung gewesen war. Der Schutzbereich der gesetzlichen Schülerunfallversicherung deckt auch diese modernen Unterrichtsformen ab.Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Revision zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. LSG Baden-Württemberg , Urteil vom 17.03.2016 – L 6 U 4904/14
Ehepartner verstorben: Kein Grund für einen Reiserücktritt!
11.03.16 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDies entschied das Amtsgericht München. Die Klägerin hatte für sich, ihren Ehemann und zwei weitere Personen eine Reise gebucht und eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. In der Nacht danach verstarb völlig überraschend ihr Ehemann. Als die Klägerin wenig später – rund 3 Wochen vor Reiseantritt – die Reise stornierte und die Stornokosten von ca. 3.500 EUR bei der Reiseversicherung geltend machte, lehnte die Versicherung ihre Eintrittspflicht ab. Das Amtsgericht München hatte nun über die Klage gegen die Versicherung zu entscheiden und wies sie ab. Eine akute Belastungsreaktion aufgrund der Trauer um den Partner ist in der Regel keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinn der Reiserücktrittsbedingungen und gibt keinen Anspruch auf Erstattung der Stornierungskosten. Die Klägerin zeigte nachvollziehbarerweise eine akute Belastungsreaktion – mithin einen psychischen Schock. Dies ist jedoch keine psychische Störung im Sinne eines regelwidrigen Zustandes. Die (schwere) Trauer ist vielmehr als ganz normale Folge des Versterbens eines nahen Angehörigen zu sehen. Urteil des Amtsgerichts München vom 20.08.2015 Aktenzeichen 233 C 26770/14