
Auch Geistlichen und kirchlichen Beamten steht der staatliche Rechtsweg offen
18.08.14 - Rechtsanwalt Alexander LamczykWie das Bundesverwaltungsgericht jüngst entschieden hat, steht auch Angehörigen von Religionsgemeinschaften insbesondere Geistlichen und kirchlichen Beamten bei Streitigkeiten mit der eigenen Religionsgesellschaft der Rechtsweg vor staatlichen Institutionen offen. Bevor jedoch staatliche Gerichte angerufen werden können, muss der Betroffene in allen dienstrechtlichen Angelegenheiten zuerst erfolglos den internen Rechtsweg beschreiten. Bei der dann nachgelagerten Prüfung haben die staatlichen Gerichte wiederum nur einen eingeschränkten Spielraum, da das Dienstrecht in diesem Bereich als Kernelement des Selbstbestimmungsrechts einer Religionsgemeinschaft nur auf fundamentale Verstöße gegen das Grundgesetz namentlich die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip verstößt. Vorliegend schied ein Geistlicher aus einem befristeten Dienstverhältnis aus. Die Relgionsgesellschaft versicherte den Betroffenen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach. Dies genügte nach Auffassung der Bundesrichter der dem Grundgesetz zu entnehmenden sozialen Absicherung des ehemaligen Bediensteten. Auch Relegionsgemeinschaften im Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts müssen trotz der verbürgten Selbstautonomie grundlegende Prinzipien des Grundgesetzes beachten, weshalb Betroffene zukünftig kirchliche Entscheidungen nicht mehr nur nach dem Selbverständnis der Religionsgemeinschaft hinnehmen müssen, sondern eine zwar beschränkte aber immerhion staatliche Prüfung veranlassen können. zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: (Urteil vom 27.02.2014 Aktenzeichen 2 C 19/12)
Nur echte Stoßzähne dürfen beschlagnahmt werden
3.08.14 - Rechtsanwalt Alexander LamczykMit einem sicher nicht unbedingt alltäglichen Fall musste sich kürzlich das VG Neustadt an der Weinstraße befassen. Mag das Verfahren auf den ersten Blick kurios anmuten, könnten im Ergebnis mehr Personen betroffen sein, als vielleicht gedacht. Im Rahmen des Artenschutzes unterliegen nicht nur bestimmte Tierarten als solche einem Verkaufsverbot, sondern auch deren Bestandteile. Gerade Mitbringsel oder Erbschaften von Objekten aus Elfenbein können ungeahnte Probleme mit sich bringen. Im zugrundeliegenden Fall erwarb die Betroffene vor Jahren zwei Elefantenstoßzähne bei einem Kunst- und Auktionshaus. Anscheinend mit der rechtlichen Materie vorbefasst, wollte die Betroffene zum Verkauf der Stoßzähne eine behördliche Genehmigung unter Vorlage des damaligen Kaufvertrages beantragen. Die Behörde wiederum ließ diesen Umstand nicht ausreichen und beschlagnahmte kurzerhand die Stoßzähne mit der Anordnung des Sofortvollzuges. Wie sich im laufenden Eilrechtschutzverfahren heraustellte, waren die Stoßzähne nicht echt, sondern nur täuschend echte Nachbildungen aus Resin (Kunstharz). Damit – so die Richter – liege kein Verstoß gegen den Artenschutz vor, denn der betreffe nur echte tierische Bestandteile und gerade keine Nachbildungen. Eigentümer sollten wissen, dass sie gegenüber der Behörde für den rechtlich einwandfreien Besitz nachweispflichtig sind. Entweder man...
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“Wetten aufs Wetter” ist kein Verbotenes Glücksspiel
22.07.14 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDas Bundesverwaltungsgericht hatte sich jüngst mit einem kurios anmutenden Fall zu befassen, bei dem es um die Zulässigkeit der Wette auf das Wetter ging. Ein Möbelhaus plante folgende Werbeaktion: Wer als Kunde in einem bestimmten Zeitraum Waren im Wert von mindestens 100,00 EUR kauft, dem wurde die Möglichkeit eröffnet, seinen Kaufpreis zurückzuerhalten, d.h. die Möbel am Ende kostenlos zu bekommen. Bedingung war neben dem Kaufzeitpunkt auch, dass an einem vorbestimmten Stichtag, am Flugahfen Stuttgart in der Zeit von 12.oo Uhr bis 13.oo Uhr mindestens 3 Liter pro Quadratmetern niederschlag fällt. Die zur Überwachung des Glücksspielstaatsvertrages zustädnige Behörde wollte darin ein erlaubnispflichtiges Glücksspiel sehen und die Werbeaktion untersagen. Der gezahlte Kaufpreis sei nämlich als „Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance“ anzusehen. Der vom Möbelhaus geforderte Kaufpreis für die Waren sei zwingende Voraussetzung für den Erwerb der Gewinnchance des Kunden; er enthalte ein „verdecktes“ glücksspielrechtliches Entgelt, da er über dem objektiven Wert der Ware liege und der Kunde den Kauf im Hinblick auf die Gewinnchance tätige. Die Behörde hat bei der eigenen Argumentation aber übersehen, dass die Kunden für Ihr Geld nicht nur...
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Maler und Lackierer behalten Meisterzwang
6.07.14 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDie Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Bereich des Maler- und Lackiererhandwerks bleibt nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von der Eintragung in die Handwerksrolle abhängig. Die Ausübung der selbständigen Tätigkeit setzt somit auch weiterhin einen Meisterabschluss voraus. Hintergrund des Verfahrens war wohl die bisherige Linie des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes nur als untergeordnet erscheinen und damit lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, keinen handwerklichen Betrieb rechtfertigen. Keiner Meisterqualifizierung bedarf es bei Vorgängen, die wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen bzw. die zwar anspruchsvoll, aber im Rahmen des Gesamtbildes des entsprechenden Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten verlangen, auf welche die einschlägige handwerkliche Ausbildung hauptsächlich ausgerichtet ist. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens war über alle Instanzen mit dem Versuch gescheitert, durch Bennung zahlreicher Einzeltätigkeiten die Zulassungsfreiheit feststellen zu lassen. Die Bundesrichter erteilten diesem Ansinnen eine klare Absage, denn es sei nicht Aufgabe des Gerichts, die Grenze zwischen Meisterzwang zur Zulassungsfreiheit auszuloten. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.04.2014, Aktenzeichen: 8 C 50.12
Haar- und Barterlass der Bundeswehr ist rechtmäßig
15.01.14 - Rechtsanwältin Petra RostDas Bundesverwaltungsgericht hat am 17.12.2013 (1 WRB 2.12, 1 WRB 3.12) entschieden, dass der so genannte Haar- und Barterlass, der die Haar- und Barttracht der Soldaten und Soldatinnen regelt, rechtmäßig ist. Der klagende Soldat im Grundwehrdienst trug bei Dienstantritt rund 40 cm lange Haare, die offen getragen auf den Rücken fielen. Im Dienst trug er die Haare zunächst zu einen Pferdeschwanz gebunden, der bis zu den Schulterblättern über den Uniformkragen ragte. Später trug er die Haare hochgebunden. Die mehrfachen Befehle seiner Vorgesetzten, mit einer Frisur zum Dienst zu erscheinen, die den Bestimmungen des Haar und Barterlasses der Bundeswehr entspricht, befolgte er nicht. Danach ist für männliche Soldaten geregelt, dass das Haar am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein muss, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Bei aufrechter Kopfhaltung darf keine Berührung des Haares mit Uniform- und Hemdkragen erfolgen. Der Kläger erhob gegen diese Befehle Beschwerde nach der Wehrberschwerdeordnung mit der Begründung dass eine Persönlichkeitsverletzung vorliege und verlangte Gleichbehandlung mit Soldatinnen, denen das Tragen längerer Haare, ggf. mit Haarnetz, erlaubt sei. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Truppengericht...
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Zweitwohnungssteuer auch für bewohnbare Gartenlauben
16.10.13 - Rechtsanwalt Alexander LamczykSchrebergärtchen, Laube und 400 qm Fläche sind vielen Kleingärtnern gerade in oft tristen grauen Städten wertvolles Kulturgut. Neben der akribischen Einfassung aller Beete und der liebvollen Pflege der mühsam angebauten Pflanzen ist die Laube bei vielen das Heiligtum der Gartenkunst. Dass der oft kraftaufwendige aber meist auch illegale Ausbau der Laube weitere finanzielle Folgen haben kann, hat jüngst in Mecklenburg-Vorpommern das Oberverwaltungsgericht Greifswald entschieden. Die dortigen Richter befanden, dass auch Gartenlauben i.S. des Bundeskleingartengesetzes der kommunalen Zweitwohnungssteuer unterfallen können, wenn sie zum dauerhaften Wohnen geeignet sind. Auf die tatsächliche Nutzung kommt es hingegen nicht an. Die Laube des Kleingärtners verfügte nicht nur über eine Koch- und Schlafmöglichkeit, sondern auch über einen Wasseranschluss nebst Toilette. Damit seine die elementaren Wohnbedürfnisse möglich. Dass man in Kleingartenanlagen nicht dauerhaft wohnen darf und dass sich der Kleingärtner womöglich daran hält, spielt keine Rolle. Insoweit ist das Steuerrecht vom Kleingartenrecht entkoppelt. Ob eine Übertragung der Entscheidung auf andere Bundesländer möglich ist, um klammen Kommunen neue Einnahmequellen zu eröffnen, hängt wohl von den landesspezifischen Kommunalabgabengesetzen ab. Im Thüringer Kommunalabgabengesetz werden Lauben und Kleingartenanlagen zumindest nicht explizit...
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Die Kommune und das liebe Kind
13.09.13 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDas Bundesverwaltungsgericht hat gestern entschieden, dass eine Gemeinde Eltern für einen selbst beschafften Kinderbetreuungsplatz in einer privaten Einrichtung Aufwendungsersatz von immerhin 2.200,00 EUR zahlen muss. Der Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen setze voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf rechtzeitig in Kenntnis gesetzt habe, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorgelegen haben und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Die beklagte Gemeinde konnte der antragstellenden Mutter erst verspätet einen gemeindlichen Kindertagesbetreuungsplatz anbieten. Für die Zwischenzeit suchten sich die Eltern einen Platz bei einer privaten Elterninitiative. Die Entscheidung dürfte trotz der unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen für die Kinderbetreuung praktisch bundesweit gelten, da der streitige Ersatzanspruch seine Grundlage im Sozialgesetzbuch hat. Die beklagte Gemeinde unterlag im Übrigen in allen 3 Instanzen. In Thüringen besteht der Anspruch ab dem ersten Lebensjahr. Die Vorlaufzeit zur Anmeldung in einer Wunschkita beträgt 6 Monate. Zur Pressemitteilung des Bundesverwaltugnsgerichts (Aktenzeichen: 5 C 35.12)
Der tätowierte Polizeibewerber
28.08.13 - Rechtsanwalt Alexander LamczykTattoos sind heutzutage weit verbreitet und sicherlich keine Randerscheinung mehr. Tattoos finden viele cool. In den meisten Fällen werden Tätowierungen zu einer Zeit gestochen, zu der man sich als junger Mensch überhaupt keine Gedanken über die eigene Zukunft macht, schon gar nicht in beruflicher Perspektive. Einem Polizeibewerber für die mittlere Laufbahn drohten nun zwei großflächige Tätowierungen auf beiden Beinen sprichwörtlich auf die Füße zu fallen. Die einstellende Behörde lehnte die Berücksichtigung des Tätowierten – der ansonsten alle Voraussetzungen erfüllte – als geeigneten Bewerber eben genau aus diesem Grund ab. Die großen Tätowierungen würden der Achtung als Polizist nicht gerecht und auch nicht mit der Dienstkleidung vereinbar sein. Zur Dienstuniform gehöre nach Meinung der Einstellungsbehörde auch kurze Sportbekleidung, so dass jeder Bürger die Tätowierungen beim betrieblichen Sport sehen kann. Der Bewerber, der sich logischerweise mit dieser recht eigenwilligen Argumentation nicht abfinden wollte, fand Gehör bei den Richtern. Großflächige Tätowierungen an beiden Beinen, die bei der allgemeinen Dienstverrichtung durch die Polizeiuniform verdeckt sind und für die von der Einstellungsbehörde keine eindeutige Bedeutung bzw. besondere, einen “bösen Schein” erweckende Symbolik festgestellt wurde, sind...
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OVG Weimar: Entziehung der Fahrerlaubnis jetzt auch ab 1 ng/ml THC im Blutserum
12.03.13 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDas Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung den Wandel für die bisherige Rechtsprechungspraxis in Thüringen eingeleitet und sich aktuell der überwiegenden Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte zur Fahrerlaubnisentziehung beim Fahren unter Cannabiseinfluss angeschlossen. Der Rechtsprechungswandel war absehbar. Bislang galt bei Thüringer Verwaltungsgerichten im Vergleich zu anderen Bundesländern ein relativ großzügiger Maßstab für Cannabiskonsumenten. Wer als Gelegenheitsraucher unter dem Einfluss von Cannabis mit weniger als 2 ng/ml THC im Blutserum beim Fahren angetroffen wurde, durfte in den meisten Fällen mit Unterstützung der Gerichte seinen Führerschein behalten. Argument war, dass nach damaligen wissenschaftlichen Erkenntnissen erst bei mehr als 2 ng/ml von einer Risikoerhöhung für den Straßenverkehr ausgegangenen werden konnte. Die Fahrerlaubnisbehörden verfolgten aber schon zuvor eine strengere Handhabung der Fahrerlaubnisvorschriften und entzogen die Fahrerlaubnis nach hiesiger Kenntnis bereits mit Überschreitung des Grenzwertes von 1 ng/ml THC. Diese Praxis bestätigte jetzt wenig überraschend das Thüringer Oberverwaltungsgericht mit Bezug auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse und gab die bisherige Rechtsprechung ausdrücklich auf. Im Leitsatz der Thüringer Entscheidung heißt es: “Jedenfalls ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blutserum ist ohne weitere Sachaufklärung davon auszugehen, dass ein...
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Presse hat Auskunftsanspruch unmittelbar aus Grundgesetz
21.02.13 - Rechtsanwalt Alexander LamczykDas Bundesverwaltungsgericht hat in einer gestrigen Entscheidung die bislang geübte Praxis abgelehnt, wonach Journalisten einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden des Bundes nach dem Pressegesetz des jeweiligen Landes hatten, in dem die Bundesbehörde ansässig war. Nach Auffassung des Bundesrichter kann sich ein solcher Anspruch der Presse mangels entsprechender bundesrechtlicher Regelung nur unmittelbar aus dem Grundgesetz ergeben. Der Auskunftsanspruch ist daneben auf Informationen beschränkt, die der Behörde bereits konkret vorliegen. Die Behörde muss die Informationen also nicht erst beschaffen. Zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Aktenzeichen: 6 A 2.12